Der Abwiegler vom Dienst

In der jüngsten Berichterstattung deutscher Medien zu den Todesfällen nach HPV-Impfungen begegnet einem immer wieder ein Gynäkologe namens Michael Wojcinski vom Berufsverband der Frauenärzte, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Impfen. Zum Beispiel in der Bild am Sonntag, in den Yahoo-Nachrichten, in der Rheinischen Post oder auch morgen in der Frankfurter Rundschau.

Er findet dabei stets beruhigende Worte, die in einem wohltuenden Widerspruch zu der Einschätzung anderer Experten stehen, etwa:
Natürlich machen solche Nachrichten über Todesfälle nach Impfungen im ersten Moment Angst. Aber es besteht kein Grund zur Panik. Nach intensiven Untersuchungen gibt es keinen Anlass anzunehmen, dass diese Impfung verantwortlich für den Tod der Mädchen ist. Außerdem ist sie nicht gefährlicher als jede andere Impfung.

Beruhigend auch, dass von etwaigen Verbindungen von Michael Wojcinski zum Anbieter des HPV-Impfstoffs Gardasil®, Sanofi-Pasteur MSD, in keinem der Artikel die Rede ist.

Einiges spricht allerdings dafür, dass er nicht so unabhängig ist, wie es den Anschein hat. Nicht nur, dass er Kurse hält und sich dafür augenscheinlich von Sanofi-Pasteur MSD bezahlen lässt:


Nein, er war schon früh und vermutlich nicht ohne finanzielle Gegenleistung aktiv in die PR-Kampagne von Sanofi-Pasteur MSD für Gardasil® eingebunden:
"Das sind acht Todesfälle pro Tag, wovon bei konsequenter Impfung drei Viertel wohl zu vermeiden wären", berichtete Dr. Michael Wojcinski aus Bielefeld bei einem Pressegespräch von Sanofi Pasteur MSD in München.

 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-02-01   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Impfgutachter hält HPV-Impfung für wahrscheinliche Todesursache

Klaus Hartmann, beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bis 2003 für die Bewertung von Impfstoffnebenwirkungen zuständig, äußert sich gegenüber gegenüber dem Standard zum Todesfall Jasmin S und bestätigt dabei die Einschätzung des Gerichtsmediziners:
Bei der Todesursache handelte es sich vermutlich um eine akute disseminierte Encephalomyelitis (ADEM). Das ist bei Impfschadensfällen in meiner Gutachter-Praxis eine der häufigsten Diagnosen und eines der größten Probleme bei inaktivierten Impfstoffen.

Die bereits rund eine Woche nach der Impfung aufgetretenen Symptome Lichtempfindlichkeit, Kopfschmerzen und Darmprobleme sind nach seiner Einschätzung "ganz typische Anzeichen" für eine ADEM.
Das ist ein flüchtiges entzündliches Geschehen. Wenn das im Atemzentrum entsteht, kann Atemstillstand die Folge sein.

Er kritisiert abwiegelnde Äußerungen von Impfexperten, nach denen ein Zusammenhang zwischen der Impfung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" nicht bestehe, weil eine Impfreaktion nicht drei Wochen nach dem Impftermin auftrete:
Wissenschaftlich ist das vollkommener Unsinn.

 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-31   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

HPV-Impfung in der Diskussion

In die öffentliche Bewertung der HPV-Impfung in Deutschland kommt Bewegung. Die Süddeutsche Zeitung und die Rheinische Post berichteten über die Todesfälle bei denen ein Zusammenhang mit einer vorherigen HPV-Impfung diskutiert wird. Während die Rheinische Post eher beschwichtigend argumentiert, setzt der Artikel von Christina Berndt in der Süddeutschen sich mit der Kritik auseinander.

Die kritischen Töne sind auch von der Politik gehört worden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Annette Widmann-Mauz, hat am Mittwoch eine Begleitstudie gefordert, um möglichen Schaden von gesunden jungen Mädchen und Frauen abzuwenden.

Die Diskussion kommt den beiden Herstellern wahrscheinlich höchst ungelegen, da die HPV-Impfung in Deutschland immer stärker nachgefragt wird. In den ersten 10 Monaten des Jahres 2007 haben die Krankenkassen 80 Millionen Euro für in Apotheken verkaufte HPV-Impfstoffe bezahlt. Alleine von September auf Oktober hatten sich die Verkäufe verdoppelt.
 
[HPV]
Autor: strappato   2008-01-31   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 

Authors of Report Recommending EU-wide HPV Vaccination Hide Conflicts of Interest

At least 3 out of 6 authors of the recent pdf-Dateireport by the European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), including the panel chair, appear to have failed to declare potential conflicts of interest.

The purpose of the report is to "lay down the scientific basis for the potential introduction of human papillomavirus (HPV) vaccines in order to help European Union (EU) Member States to make policy choices". Clearly, independence of the panel is an important issue. The report states:
This guidance has been developed by a Scientific Panel of experts set up and coordinated by the Scientific Advice Unit of the European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). One of the main tasks of this unit is to provide independent scientific opinions, expert advice, data, and information. No conflicts of interest were declared by any of the Panel members.

1. Patricia Claeys, Panel Chair

Patricia Claeys declared that she indeed had conflicts of interest in a pdf-DateiBelgian report dated October 17, 2007, on the same issue:
Conflicts of interest: The following external experts and validators declared that they either received research funds from, or conducted consultancy services for, or received grants and/or travel assistance for attending conferences from companies that might gain or lose financially from the results of this HTA: Lieven Annemans, Patricia Claeys, Patrick Goubau, Pierre Van Damme, Maarten Postma.

We have not received a reply to our e-mail asking Ms. Claeys for a comment on this inconsistency.

2. Paolo Bonanni

Paolo Bonanni is listed as a supporter of the "Coalition Against Cervical Cancer" (CACC). The CACC was launched at the 'First Global Summit on Cervical Cancer', an event held in Paris and heavily funded by Sanofi Pasteur MSD, the company which markets Gardasil in Europe on behalf of Merck, Inc. A newspaper report on the Summit states:
Celebrities, doctors and journalists were shipped in from across Europe and the United States by PR agencies working for Sanofi. The summit, which resembled a political rally, called for country-wide vaccination programmes.

3. Adam Finn

Adam Finn has served both as a speaker and as a chairperson on industry symposia sponsored by Sanofi Pasteur MSD (which was named Aventis Pasteur MSD until 2004).


(2004)


(2007)

Furthermore, Adam Finn has conducted a number of vaccine trials which were financed by drug companies.

Conclusion

Medical journals have recently announced that they would ban authors from publishing who deliberately fail to disclose any conflicts of interests. We consider full disclosure even more important in an official EU report that is likely to affect the health of millions of people and to have a significant impact on a multi-billion Euro market.
 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-26   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Autoren von EU-Empfehlung zu HPV-Impfung verschweigen Interessenkonflikte (II)

Der jüngste pdf-DateiBericht des European Centre for Disease Control (ECDC) zur HPV-Impfung wurde bekanntlich von unabhängigen Experten ohne Interessenkonflikte erstellt:
No conflicts of interest were declared by any of the Panel members.

Bedauerlicherweise stimmt diese Angabe der Experten nicht so ganz.

Auf eine entsprechende Anfrage unsererseits hat Frau Claeys bislang nicht reagiert. Nutzen wir die Wartezeit, um uns die Industrieunabhängigkeit eines weiteren Kommissionsmitglieds anzusehen.

Heute: Professor Adam Finn aus Bristol.


(2004)


(2007)

Und zur Abrundung hier noch eine Übersicht über einige industriefinanzierte Studien, die Professor Finn geleitet hat.
 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-25   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 

Gerichtsmediziner vermutet ADEM als Todesursache

In einer erneuten Stellungnahme zeigt sich der Vater von Jasmin S., die drei Wochen nach einer HPV-Impfung plötzlich verstorben war, verärgert über den Verlauf der öffentlichen Diskussion in Österreich. Hierbei waren von Impfexperten mögliche Todesursachen ins Spiel gebracht worden, die der Gerichtsmediziner nach seiner Aussage hatte ausschließen können.

Er berichtet von der Einschätzung des Gerichtsmediziners, dass die Impfung eine Nervenentzündung ausgelöst habe:
Im persönlichen Gespräch lag sein Verdacht darin, dass eine Nervenentzündung (ADEM [Akute demyelinisierende/disseminierte Enzephalomyelitis]) fatalerweise sich nicht zuerst auf "unwesentlichere" Funktionen (Gesichtslähmung, Extremitäten, Schwindel, ...) ausgewirkt hat, sondern sofort ein lebenserhaltendes Organ (die Lunge) außer Kraft gesetzt hat.

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie definieren die ADEM folgendermaßen:
ADEM ist eine seltene akute entzündliche ZNS-Erkrankung, die häufig 1-4 Wochen nach einer Infektion und sehr selten nach Impfungen, aber auch ohne erkennbaren Auslöser auftreten kann. [...] Die Mehrzahl der Patienten erholt sich vollständig oder mit nur geringen Defiziten. Schwere, fulminante Verläufe können jedoch letal oder mit schweren residualen Defiziten verlaufen.

In der Datenbank des Paul-Ehrlich-Instituts wie auch in der VAERS-Datenbank finden sich eine ganze Reihe von Berichten über Lähmungserscheinungen (besonders im Gesicht) nach Gardasil-Impfungen, die mit einer solchen Diagnose erklärbar wären, dazu in der VAERS-Datenbank zahlreiche Berichte über das Guillain-Barré-Syndrom, ebenfalls eine entzündliche Nervenerkrankung, und in der Datenbank des PEI ein Bericht über das damit verwandte Miller-Fisher-Syndrom.

Bei der nach einer HPV-Impfung lebensgefährlich erkrankten Österreicherin Marion N. war ebenfalls eine ADEM diagnostiziert worden.
_

S. Schwarz et. al., Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM), Intensivmedizin und Notfallmedizin, Volume 42, Number 6 / September 2005, pp. 496-509
ADEM tritt häufig nach Infekten oder Impfung auf, kann aber auch spontan vorkommen.

 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-24   Link   (8 KommentareIhr Kommentar  



 

Autoren von EU-Empfehlung zu HPV-Impfung verschweigen Interessenkonflikte (I)

Aus einem heute veröffentlichten pdf-DateiBericht des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), in dem die HPV-Impfung als Vorsorgemaßnahme gegen das Zervixkarzinom empfohlen wird:
This guidance has been developed by a Scientific Panel of experts set up and coordinated by the Scientific Advice Unit of the European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). One of the main tasks of this unit is to provide independent scientific opinions, expert advice, data, and information. No conflicts of interest were declared by any of the Panel members.

Die Vorsitzende der Expertenkommission heißt Patricia Claeys.

Zum Vergleich ein Zitat aus einem belgischen pdf-DateiBericht zur gleichen Fragestellung vom Oktober 2007:
Conflicts of interest: The following external experts and validators declared that they either received research funds from, or conducted consultancy services for, or received grants and/or travel assistance for attending conferences from companies that might gain or lose financially from the results of this HTA: Lieven Annemans, Patricia Claeys, Patrick Goubau, Pierre Van Damme, Maarten Postma.

(alle Hervorhebungen durch uns)

_

Fortsetzung...
 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-22   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  



 

HPV-Impfung: Debatte im Ärzteblatt

Das Deutsche Ärzteblatt veröffentlicht nun den wissenschaftlichen Teil auch auf Englisch. Deutsches Ärzteblatt International heisst die wöchentliche open-access online-Zeitschrift.

In der ersten Ausgabe fallen vier Stellungnahmen zu einem Ärzteblatt-Artikel vom Dezember 2007 auf, in dem der Nutzen der HPV-Impfung regelrecht gefeiert worden ist. Nicht interessenslos: Ein Autor gab an, Vergütungen aus den Verkäufen der Impfstoffe von MSD/SP und GSK zu erhalten, die anderen hatten in den letzten 5 Jahren Vortrags- und Beratungshonorare sowie Reisekostenunterstützung von mehreren Impfstofffirmen Firmen erhalten.

Erwartungsgemäss blieb der Beitrag nicht ohne Widerspruch. In den Reaktionen, die auch auf deutsch im Ärzteblatt veröffentlicht sind, wird kritisch zu den Kosten, zur immer wieder als Argument genannten Seroprävalenz von 70%, zur Wirksamkeit und zu den Endpunkten der Studien Stellung genommen.
Angesichts der Tatsache, dass in den Studien weder unter Placebo noch unter der HPV-Vakzine ein Zervixkarzinom aufgetreten ist, bitte ich um Erläuterung, auf welchen Daten die behauptete Reduzierung der Zervixkarzinome beruht.
Stefanie Schenk, Redaktion arzneitelegramm.

Die Antwort fällt knapp aus und geht kaum auf die veröffentlichten kontroversen Ansichten ein. Ein "Schlusswort", so wie es die beiden Autoren im Titel schreiben und wohl gerne hätten, wird bei der Debatte um die HPV-Impfung noch lange nicht zu erwarten sein.
 
[HPV]
Autor: strappato   2008-01-22   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

PEI passt Stellungnahme an

Das Paul-Ehrlich-Institut hat sich in den Kommentaren wie folgt zur Kritik an seiner Stellungnahme zu dem deutschen Todesfall in zeitlicher Nähe zu einer HPV-Impfung geäußert:
Den in den bisherigen Beiträgen vorgebrachten Argumenten zur Verlässlichkeit der Zahlen von unklaren plötzlichen Todesfällen in der Todesursachenstatistik ist wenig hinzuzufügen. Diese Zahlen eignen sich nicht dazu, verlässliche Häufigkeiten zu berechnen. Der Hinweis auf die Todesursachenstatistik in der Veröffentlichung zum Todesfall nach Gardasil sollte lediglich deutlich machen, dass mit unklaren plötzlichen Todesfällen in jeder Altersgruppe, auch derjenigen der 15- bis 20-Jährigen gerechnet werden muss. Da der Text des Paul-Ehrlich-Instituts an dieser Stelle offensichtlich missverstanden werden kann, wurde er zur Verdeutlichung angepasst. Gardasil: Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts

 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-21   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Paul-Ehrlich-Institut unehrlich? (Update)

Das Paul-Ehrlich-Institut hat am Freitag eine Stellungnahme zu einem mit dem Todesfall Jasmin S. vergleichbaren Todesfall in Deutschland herausgegeben. Darin wird die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des "Plötzlichen Teenagertodes" ohne erklärbare Ursache deutlich höher eingeschätzt, als in der jüngst hier im Blog vorgestellten Schätzung. Das PEI begründet damit seine Einschätzung, dass es sich bei den Todesfällen um zufällige Ereignisse handelt, die nicht im Zusammenhang mit den vorangegangenen HPV-Impfungen stehen.

Da das Phänomen in der wissenschaftlichen Literatur noch nicht näher beschrieben wurde und deshalb keine Terminologie zu bestehen scheint, bietet es sich an, es im Folgenden kurz SUTD (Sudden Unexplained Teenager Death) zu nennen, in Anlehnung an die Bezeichnung SUID (Sudden Unexplained Infant Death, vgl. die Nomenklaturdiskussion in pdf-Dateidieser Arbeit, S. 143).

Das PEI versucht sich ebenfalls an einer Abschätzung des SUTD-Risikos und bedient sich dabei der gleichen Datengrundlage:
Unklare plötzliche Todesfälle sind sehr seltene Ereignisse, die mit unterschiedlicher Häufigkeit in jedem Lebensalter auftreten. Laut Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes gab es z.B. im Jahr 2006 in Deutschland in der Altersgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen 58 Todesfälle mit unklarer Ursache (beide Geschlechter). Bezogen auf die Bevölkerungszahl von 4,8 Millionen in dieser Altersgruppe im gleichen Jahr errechnet sich eine Häufigkeit von 1,2 Fällen pro 100.000 Personen dieser Altersgruppe (die entsprechenden Berechnungen für die Jahre 1998 / 1999 / 2000 / 2005 ergeben Inzidenzen von 3,4 / 2,3 / 1,6 /1,5 pro 100.000). Das heißt, dass bei Impfung eines großen Teils dieser Bevölkerungsgruppe rein statistisch mit plötzlichen und unerwarteten Todesfällen in zeitlichem Zusammenhang, nicht jedoch in ursächlichem Zusammenhang, gerechnet werden muss.
Diese Rechnung erscheint mir nicht serös und verdient eine nähere Betrachtung.

Zunächst: Wie kommt das Paul-Ehrlich-Institut auf 58 ungeklärte Todesfälle in der Altersgruppe? Das gesamte Kapitel ICD-10 R00 - R99 (Symptome und abnorme klinische oder Laborbefunde, die andernorts nicht klassifiziert sind) weist in der Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes für die Altersgruppe 15-20 Jahre 60 Fälle aus (38 männlich, 22 weiblich). Wenn das Paul-Ehrlich-Institut von 58 Fällen spricht, wurden vermutlich alle Fälle dieses Kapitels herangezogen. Die kleine Diskrepanz könnte auf Schlamperei beruhen oder darauf, dass das PEI eine andere Version der Statistik verwendet hat, als die, die das Statistische Bundesamt zur Zeit online veröffentlicht. [Edit: Zwei der als Summe angegebenen 60 Todesfälle (beide männlich) sind in keiner der vom Statistischen Bundesamt aufgeschlüsselten Gruppen enthalten. Es wurden vom PEI nur die 58 Fälle berücksichtigt, die in den Untergruppen enthalten sind, die im folgenden diskutiert werden.]

Anders als es die Stellungnahme des PEI vermuten lässt, differenziert das Statistische Bundesamt die Todesfälle dieses Kapitels aber weitaus genauer, und hier wird es interessant.

Es gibt die Gruppen R95, R96, R98 und R99. Hierzu werfe man zunächst einen Blick auf das entsprechende Kapitel des ICD-10. Ganz offensichtlich sind SUTD-Fälle wie der von Jasmin S. korrekt als R96 "Sonstiger plötzlicher Tod unbekannter Ursache" zu klassifizieren.

Könnten nun SUTD-Fälle auch in den Kategorien R98 und R99 landen, schließlich ist die Beschreibung des ICD-10 - zumindest bei der Gruppe R98 - möglicherweise ebenfalls mit den Befunden der bekannten SUTD-Fälle in Einklang zu bringen?

Nein, denn hier greifen weiterführende Bestimmungen, nach denen die Klassifikation von Todesfällen international weitgehend einheitlich durchgeführt werden soll. Auch in Deutschland erfolgt diese Einordnung nicht erratisch, sondern durch geschulte Experten der Statistischen Landesämter. In der amerikanischen Version der pdf-DateiHandlungsanweisung liest sich die entsprechende Passage so:
When more than one term classifiable to two or more of these categories is reported, code only one in this priority: R960 [d.h. R96.0], R961 [d.h. R96.1], R98, R99.
Eine Kodierung in Gruppe 98 erfolgt also offenbar nur dann, wenn eine Kodierung in Gruppe 96 nicht möglich ist. Eine Kodierung in Gruppe R99 erfolgt nur dann, wenn ein Todesfall weder in die Gruppe R96 noch in die Gruppe R98 eingeordnet kann.

Kommen wir nun also zur Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2006. Wir betrachten das Kapitel ICD-10 R00 - R99 (Symptome und abnorme klinische oder Laborbefunde, die andernorts nicht klassifiziert sind) mit insgesamt 60 Todesfällen in der genannten Altersgruppe.

Davon befindet sich kein einziger in der ureigenen SUTD-Gruppe R96 "Sonstiger plötzlicher Tod unbekannter Ursache".

Insgesamt 6 Fälle (3m, 3w) sind der Kategorie R98 "Tod ohne Anwesenheit anderer Personen", weitere 52 Fälle (33m, 19w) der Gruppe R99 "Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen" zugeordnet.

Die Fälle aus der Gruppe R98 hatte ich in meiner Schätzung noch als potentielle SUTD-Fälle gelten lassen, obwohl sie das bei korrekter Auslegung des ICD-10 in aller Regel nicht sind. Die Fälle der Gruppe R99 dagegen nicht: Schon die Benennung der Gruppe "Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen" erscheint kaum geeignet, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Phänomens SUTD hochzurechnen. Das bestätigt sich, wenn man genauer recherchiert, welche Todesfälle in der Praxis dieser Gruppe zugerechnet werden. Sie umfasst nämlich ein weites Spektrum von Fällen, die mit dem Phänomen SUTD nichts zu tun haben. Hierzu gehören beispielsweise solche Todesfälle, in denen der Totenschein unleserlich ausgefüllt wurde, ein Problem, auf das das Statistische Bundesamt in diesem Zusammenhang explizit hinweist. Weiterhin gehören in die Gruppe R99 Todesfälle, in denen aufgrund des Verwesungszustandes von aufgefundenen Leichen keine Todesursache mehr festgestellt werden konnte, das Spektrum reicht dabei von Wasserleichen und mumifizierten Leichen bis hin zu Knochenfunden.

Fazit

Das PEI manipuliert die Leser seiner Stellungnahme nach meinem Eindruck in dreierlei Weise:

1. Es übertreibt dramatisch die aus den Daten des Statistischen Bundesamtes ableitbare Wahrscheinlichkeit für SUTD.

2. Es manipuliert die Leser zusätzlich dadurch, dass es die kombinierten Zahlen für Todesfälle männlicher und weiblicher Personen verwendet, obwohl die für die aktuelle Diskussion relevanten Zahlen für weibliche Personen differenziert vorliegen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass diese Nachlässigkeit damit zu tun hat, dass in der Gruppe G99 fast doppelt soviele Todesfälle von männlichen wie von weiblichen Personen zu finden sind.

3. Zuletzt verzichtet das PEI auf einen expliziten Hinweis, dass sich die Zahlen auf den Zeitraum von einem Jahr beziehen, dass Verdachtsfälle von Impfkomplikationen jedoch fast ausschließlich einen Zeitraum von drei bis maximal vier Wochen nach einer Impfung umfassen.

_

Update, 21.1.: Das PEI äußert sich in den Kommentaren und hat seine Stellungnahme angepasst.
 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-01-20   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 



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