Ausgebankhofert (II)

Was wir nach den jüngsten Enthüllungen der Süddeutschen Zeitung bereits befürchten mussten, scheint sich nun zu konkretisieren. Auch Hademar Bankhofers letzte Fernsehsendung "Spektrum Gesundheit" steht im Zusammenhang mit Schleichwerbe- und Korruptionsvorwürfen ganz offenbar vor dem Aus.
Wie die BLM [Bayerische Landeszentrale für neue Medien, d. Red.] mitteilt, hat der Medienrat den Antrag auf Fortsetzung der Anbietertätigkeit der C.A.M.P. TV Fernsehgesellschaft mbH, die derzeit 80 Prozent der Sendezeitanteile am Bayern Journal hält, abgelehnt.

[...]

Zu einer neuen Lösung unter Beteiligung auch der alten Gesellschafter ohne Neuausschreibung konnte sich der Medienrat nicht entschließen. Maßgeblich dafür war, dass der Geschäftsführer der C.A.M.P. TV Fernsehgesellschaft mbH, Herr Ralph Piller, Darlehensverträge zwischen der TV Finanz GmbH und Frau Adelt, der damaligen Lebensgefährtin des ehemaligen Medienratsvorsitzenden Klaus Kopka, unterzeichnet hatte und andererseits ein konkreter Anfangsverdachts für mehrere Verstöße gegen das Verbot der Schleichwerbung.

 
[Medien]
Autor: hockeystick   2009-05-15   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  



 

"Programmlicher Befund nicht eindeutig"

Zu den verwirrendsten Formaten im deutschen Fernsehen gehört seit vielen Jahren die Sendung "Spektrum Gesundheit" mit Hademar Bankhofer. Nach dem Ende verschiedener Projekte im Zusammenhang mit Schleichwerbungsvorwürfen ist "Spektrum Gesundheit" Bankhofers letztes TV-Biotop.

Verwirrend ist die Sendung deshalb, weil man bei ihrer Betrachtung stets den Eindruck hat, versehentlich eine Dauerwerbesendung für verschreibungspflichtige Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte eingeschaltet zu haben. Selbst bei genauem Hinsehen findet sich aber nie der Hinweis "Dauerwerbesendung". Noch irritierender das Gefühl, dass das Heilmittelwerbegesetz für die Dauer der Sendung regelmäßig außer Kraft gesetzt zu sein scheint.

Ausgestrahlt wird die erstaunliche Sendung nicht etwa von einem unter einem Tarnnetz betriebenen Piratensender auf der Inselgruppe Saint Kitts und Nevis (oder gar von einem in den Bergen versteckten ORF-Tochtersender), sondern seit vielen Jahren ganz offiziell u.a. auf den Frequenzen von RTL und SAT1 im Rahmen des "Bayern Journals". Produzent der Sendung ist die Firma Camp TV, die zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM).

Und aktuell gibt es wohl berechtigten Grund, sich Sorgen um Bankhofers letzte verbliebene TV-Sendung machen. Es gibt nämlich hässliche Vorwürfe der Süddeutschen Zeitung, die BLM habe ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt und - man höre und staune - Schleichwerbung (!) im "Bayern Journal" toleriert. Es geht dabei u.a. um sechsstellige Privatdarlehen des kürzlich ums Leben gekommenen Camp-TV-Eigentümers Ralph Burkei an den Vorsitzenden des bayerischen Medienrates, Klaus Kopka, der eigentlich den Sender kontrollieren sollte, um Parteienfilz, merkwürdige Treffen und zeitliche Koinzidenzen:
Besonders krass aus Sicht der BLM waren zahlreiche Fälle im Jahr 1997. In einer Vorlage für den Medienrat berichtete die BLM damals, dass von Januar bis März 1997 im "Bayern Journal" in insgesamt 31 Beiträgen über Arzneimittel, Kliniken oder Immobilien "gegen das Schleichwerbeverbot verstoßen" worden sei.
[...]
In diese Zeit fällt auch das zweite Darlehen, das Kopka und seine damalige Freundin erhalten hatten. Es datiert vom 1. Mai 1997 und belief sich auf 120.000 Mark. Tags zuvor hatte die BLM 31 Beiträge im "Bayern Journal" beanstandet. Kopka sagte am Dienstag, hier gebe es "überhaupt keinen Zusammenhang". Das sieht auch die BLM so. Kopka sagte weiter, Burkei habe niemals versucht, "mich für seine Ziele einzuspannen".

Anlass für uns, zunächst einige Höhepunkte der Sendung aus den vergangenen Jahren revue passieren zu lassen:

"Spektrum Gesundheit" preist Airnergy an (2002):

"Spektrum Gesundheit" preist "Airnergy" an (2007):

"Spektrum Gesundheit" preist Kanne Brottrunk gegen Parkinson an:

"Spektrum Gesundheit" preist "Kanne Brottrunk" gegen Epilepsie an:

"Spektrum Gesundheit" preist "Duovital-Tonicum" (Duopharm) gegen Gelenkschmerzen an:

"Spektrum Gesundheit" preist das verschreibungspflichtige Medikament Memantin (Axura®, Merz) gegen Alzheimer an:


Die BLM bestreitet unterdessen in einer Pressemitteilung, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkomme:
Im Spätsommer und Herbst 2005 sind im Rahmen der Sendereihe „Spektrum Gesundheit“ Krankheitsfälle vorgestellt worden, für deren Behandlung bestimmte Präparate genannt wurden. Dadurch konnte der Eindruck entstehen, dass die Themenauswahl und Darstellung möglicherweise von der Pharmaindustrie beeinflusst wurde. Der programmliche Befund war jedoch nicht eindeutig und es gab keine verwertbaren Hinweise auf mögliche Geldflüsse.

 
[Medien]
Autor: hockeystick   2009-05-09   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Ein Quantum Pharma



An diesem Wochenende ist in den USA der neue Film mit Julia Roberts und Clive Owen angelaufen: Duplicity. Der Plot scheint klassisch: Zwei Geheimagenten verlieben sich und arbeiten anstatt gegeneinander gemeinsam gegen ihre Arbeitgeber. Solides Hollywood-Kino, meint auch die Kritik in der NY Times.
The kind of movie it seems most obviously to be — the jet-set spy thriller, decorated with eye-candy vistas of London, New York, Dubai and Rome (among other intrigue-ridden spots) — has suffered a bit of an identity crisis since the end of the cold war.

Wäre nicht die Branche, für die die beiden als Schnüffler unterwegs sind. Es sind "Corporate Spies" im Dienste zweier Pharmakonzerne, die um Informationen über eine innovative Blockbuster-trächtige Hautcreme kämpfen.

Kein Fiction. Pharmakonzerne sollen Ermittlungsabteilungen unterhalten, die es von der Ausstattung und Qualifikation der Mitarbeiter mit manchem staatlichen Geheimdienst aufnehmen können.

Ein Einblick von Peter Rost in Pfizers Operationen.

--
Update
Die Branche wird in dem Film nicht explizit genannt. Das Produkt nur angedeutet. Während beispielsweise die NY Times den Film bei "Kosmetik" sieht - global market for dandruff shampoo, premium diapers and moisturizing creams, verortet der Autor der Washington Post den Schauplatz im Pharma-Business: "Duplicity" pits two pharmaceutical companies and their embittered chief executives against each other. Eine kurze Google-Recherche zu den Stichwörtern "Duplicity cosmetics roberts" bringt rund 55.000 Treffer, mit "pharmaceuticals" rund 10.000.
 
[Medien]
Autor: strappato   2009-03-21   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Deutsche Medien ignorieren Wissenschaftsskandal (Update)

Weit über eine Woche ist vergangen, seit die internationale Presse in breiter Front über den vielleicht spektakulärsten und folgenreichsten Wissenschaftsskandal der vergangenen Jahrzehnte berichtet hat.

Nicht so die deutschsprachigen Medien. Außer im Deutschen Ärzteblatt fand sich lediglich in der Wiener Zeitung ein Bericht.

Die Autorin dieses Artikels zeigt sich denn auch in einem Blogkommentar verwundert:
Was ich absolut nicht verstehe, ist dagegen das Schweigen sämtlicher Agenturen zu dem, worüber sämtliche US-Medien von Rang und Namen seit vergangener Woche berichtet haben. Derartiges ist mir in den bald 40 Jahren meiner journalistischen Tätigkeit noch nie untergekommen und mir fehlt jeder Erklärungsansatz dafür.

Weiterhin werden in Deutschland täglich vermutlich tausende von Patienten postoperativ auf der Grundlage von Leitlinien mit teuren Medikamenten wie Celebrex® behandelt, deren Nutzen-Risiko-Profil nicht zuletzt anhand von frei erfundenen Studiendaten ermittelt wurde.
--

Update: Immer noch herrscht Funkstille in Deutschland, nur die Wiener Zeitung legt in ihrer Samstagsausgabe noch einmal nach.
Indessen liegen der "Wiener Zeitung" seit Erscheinen des Erstartikels über den Wissenschaftsbetrug vor einer Woche Patientenberichte vor, die einen hinsichtlich der Nicht- und Nebenwirkungen das Gruseln lehren könnten. Denn auch in Österreich verläuft das Schmerzmanagement nach den Richtlinien, die Reuben/Pfizer vorgegeben haben.

An der Sprachbarriere alleine kann es nicht liegen. "Le Monde" bringt das Thema morgen angemessen illustriert und in großer Aufmachung.
 
[Medien]
Autor: hockeystick   2009-03-20   Link   (7 KommentareIhr Kommentar  



 

Medizin in scienceblogs.de

Seit fast 1,5 Jahren präsentiert Burda als Minderheitsgesellschafter beim US-Unternehmen “ScienceBlogs”, das zur Seed Media Group gehört, gebloggte Wissenschaft auf deutsch. ScienceBlogs.de soll neue und intelligente Zugänge zu wissenschaftlichen Themen eröffnen. Nach Aussagen des Geschäftsführers ist ScienceBlogs ein Beispiel für Qualitätsinternet.

Wie sieht die Qualität bei Medizinthemen dort aus? Aktuell wird in einem Beitrag wild über Psychopharmaka als Auslöser des Amoklaufs von Winnenden spekuliert (mit voller Namensnennung des Täters, aber falscher Schreibweise). Sonstige Themen beschänken sich auf die HPV-Impfung oder Präimplantationsdiagnostik, die eher unkritisch bewertet werden und Komplementärmedizin, die grundsätzlich verdammt wird. Unterbrochen wird dies von der täglichen Linksammlung der Redaktion, wenn sie ein Medizinthema enthält. Nicht zu vergessen so wichtige Themen wie die die erhöhte Herz-Kreislauf-Sterblichkeit in Nähe von Fast-Food-Restaurants oder der Hinweis auf neue Folgen von Dr. House. HIV/AIDS ist auch beliebt, darunter ein Posting, das die Lage in Washington DC mit der in Westafrika gleichsetzt. Eine Industrienation mit Spitzenmedizin gegen eine Region in der "Gesundheitsversorgung" ein Fremdwort ist. Insgesamt nur 16 Artikel in fast vier Wochen.

Traurig, wie die Medizin, oft als wichtigste Wissenschaft unserer Zeit gewürdigt, in einem "Qualitätsportal" zugrunde geschrieben wird.
 
[Medien]
Autor: strappato   2009-03-17   Link   (12 KommentareIhr Kommentar  



 

Ausgebankhofert

Seit Anfang des Jahres ist nun auch Hademar Bankhofers beliebte Sendung "Die gesunde halbe Stunde" aus dem Programmangebot des ORF-Tochtersenders TW1 verschwunden. In der Sendung wurde eine breite Palette von "Gesundheitsprodukten", von Mineralwasser bis hin zu verschreibungspflichtigen Medikamenten des weltgrößten Pharmakonzerns Pfizer, positiv in Szene gesetzt. Üblicherweise wurden die Vorzüge des Produkts von Bankhofer im Rahmen eines Gespräches mit einem Mitarbeiter des Herstellers oder einem vom Hersteller bezahlten Experten herausgearbeitet.

In der Sendung gab es nach Aussage von Bankhofer "nur bezahlte Beiträge". Sie war allerdings nicht als Werbesendung oder Dauerwerbesendung gekennzeichnet und wäre selbst dann kaum mit den österreichischen Gesetzen in Einklang zu bringen gewesen.

Bankhofers ähnlich gestaltetes Format "Spektrum Gesundheit", das unter anderem im RTL Bayern-Journal läuft, hält sich weiterhin wacker im Programm.
 
[Medien]
Autor: hockeystick   2009-03-13   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Freie Werbeplätze?

In Berlin haben am Mittwoch, 11. März 2009, die Dreharbeiten zu dem ebenso unterhaltsamen wie aktuellen ZDF-Zweiteiler "Der Doc und die Hexe" (Arbeitstitel) begonnen. Christiane Paul verkörpert Dr. Sophie Schöner, eine Ärztin, die sich ganz der traditionellen chinesischen Heilmethodik verschrieben hat. Die Rolle ihres Gegenspielers, des überzeugten Schulmediziners Dr. Hans Wunderlich, übernimmt Dominick Raacke.

Könnte ein genialer Ansatz sein. Für alle etwas dabei.
 
[Medien]
Autor: strappato   2009-03-11   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Professorenquark

Die taz berichtet über die Tutzinger Medientage, auf denen über das Thema Wissenschaftsjournalismus im Fernsehen diskutiert wurde.
Und was die Ehrfurcht vor den diversen - manchmal eher windigen - Herren Professoren anrichtet, brachte Illinger [seines Zeichens Redaktionsleiter SZ-Wissenschaft und achtbester Wissenschaftsjournalist der Welt, d. Red.] zum Unwohlsein des ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust wunderbar auf den Punkt: Denn Scobel & Co. könnten in der Nische Qualität liefern, wie sie wollten, so Illinger: "Solange man jeden Morgen im Frühstücksfernsehen einen Hademar Bankhofer" oder ähnliche Strategen "den letzten Quark erzählen lässt", bleibt es eben so eine Sache mit Wissenschaft und Bildung. Auch bei den Öffentlich-Rechtlichen.

Wo er recht hat, hat er recht. Fehlt nur noch die konsequente Umsetzung der Erkenntnisse im eigenen Haus.

Erinnert sei etwa an die unkritische Verbreitung der offenbar gefälschten Handystrahlenstudie durch die Süddeutsche Zeitung, bei der schon allein der Name des Projektkoordinators alle Warnlampen hätte aufleuchten lassen müssen. Bei der SZ ist der peinliche Artikel nach wie vor online. Unvergessen auch die zentrale Rolle der SZ-Wissenschaftsredaktion bei der Verbreitung der hanebüchenen PR-Kampagne, derzufolge die Deutschen die "dicksten Europäer" seien.
 
[Medien]
Autor: hockeystick   2009-03-05   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Alpha-Tierchen

Wenn der Pulverdampf verflogen ist, wird an Legenden gestrickt.

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Update
Der Text ist auf der TAZ-Seite korregiert worden.
 
[Medien]
Autor: strappato   2009-02-15   Link   (10 KommentareIhr Kommentar  



 

Deutsches Gesundheitsfernsehen moribund

Das im April 2007 gestartete Deutsche Gesundheitsfernsehen (DGF) ist nur noch im Internet zu empfangen. Der Sender hat seine Verbreitung über Satellit gestoppt. Täglich neu produziert werden nur noch die Gesundheitsnews, die in Kooperation mit der Ärztezeitung entstehen, und in eine Endlosschleife eingebettet werden.

Die Presseerklärung des Betreibers klingt nach den Hoffnungen, die gerne Angehörige von unheilbar erkrankten Patienten hören.
Diese Entscheidung dient der Konsolidierung und Weiterentwicklung der anerkannten Marke, der weiteren Verbreitung der vielfältigen Sendungen rund um das Thema Gesundheit und dem wachsenden Interesse der Zuschauer an ständig abrufbaren Informationen.

 
[Medien]
Autor: strappato   2009-02-14   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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