Counter-detailing

Die AOK Hessen hat im Februar 2007 mit einer offensiven Kampagne gegen die einseitige indurstrieabhängige Information der Ärzte bundesweites Aufsehen erregt. Damals stellte die Krankenkasse eine CD vor, die als Lernmedium die Vertragsärzte über die Tricks der Pharmaberater informieren sollte. Die Reaktionen waren erwartungsgemäss: Selbst die hessische Sozialministerin sorgte sich um die Arbeitsplätze in der Pharmaindustrie. Anscheinend blieb das trotz der Kritik nicht erfolglos. Mittlerweile können interessierte Ärzte aus anderen Bundesländern die CD über einen Verlag für 19,95 Euro käuflich erwerben.

Die AOK verwies auf Befragungen von Ärzten und Versicherten, die sich mehr unabhängige Informationen über Arzneimittel wünschten. Leider hat die AOK die Ergebnisse bis auf einige Zahlen in der Pressekonferenz und Sildes in der Pressemappe (aok-versichertenbefragung (pdf, 101 KB)) bisher nicht veröffentlicht und verweigert auch auf Anfrage detaillierte Informationen.

Nun ist die zweite Stufe angelaufen. Wie schon im Februar angekündigt, sollen Ärzte, die Patienten auf preiswertere Medikamente umstellen, für die die Kasse Rabattverträge mit Herstellern ausgehandelt hat, 20 Euro "Beratungshonorar" erhalten. Prompt ist von "Bestechung" die Rede. Ein aberwitziges Argument, angesichts der Marketingpraxis der Pharmaindustrie, die für die Umstellung des Patienten auf teure Präparate im Rahmen von Anwendungsbeobachtungen weit höhere Summen dem Arzt zusteckt. Jedoch zeigt dies, wie üblich für die Ärzte das Pharmamarketing mit allen Facetten, ob Anwendungsbeobachtungen mit fraglichen wissenschaftlichen Wert, geschönten Informationen durch den Pharmaaussendient oder industriefinanzierte Fortbildungen, geworden ist.

Die Aufregung über das Vorgehen der AOK Hessen komt nicht von ungefähr. Zum ersten Mal wird von einer Krankenkasse systematisch counter-detailing betrieben. Weitere Aktionen sind denkbar. In den USA gibt es sogar Programme, in denen die Ärzte von Aussendienstmitarbeitern besucht werden.
 
[GKV & PKV]
Autor: strappato   2007-05-26   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Ausgeturft

Vor einigen Wochen gab es hier im blog einen Artikel über eine ethisch sehr grenzwertige Marketingkampagne.

Die Europäische Arztneimittelagentur EMEA hat nun beschlossen, die Anwendung des beworbenen Produktes, Desmopressin Nasenspray, zur Behandlung der Primären Enuresis Nocturna (PNE) zu verbieten.
Eine Behandlung mit Desmopressin, einem synthetischen Analogon des natürlichen antidiuretischen Hormon (früher auch Vasopressin genannt) kann unter Umständen das nächtliche Malheur vermeiden, weil Desmopressin die Wasserresorption in den Sammelrohren der Niere und damit die Urinproduktion senkt - freilich ohne dabei die Natrium- und Kaliumausscheidung im Urin zu verändern. Das kann bei einer Überdosierung zur Hyponatriämie und zur Wasserintoxikation führen. Eine Pharmakovigilanzstudie aus Frankreich hatte im März 2005 gezeigt, dass das Risiko nach Verwendung des Sprays deutlich erhöht ist.

Damit hat sich die Kampagne, inklusive der zum Astroturfing gegründeten Vereine Initative Trockene Nacht - Guter Tag und Club Mondkind erledigt.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2007-05-26   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Doping-Gesellschaft

Georg Paul Hefty weist in seinem Kommentar in der FAZ auf den Zusammenhang zwischen Doping im Radsport und die gesellschaftliche Realität hin.
Wer Aldag, Bölts, Dietz oder Zabel vorwirft, gelogen und betrogen zu haben, lügt sich in die eigene Tasche, betrügt sich selbst: Doping ist in der Leistungsgesellschaft immer wieder und überall, nur heisst es nicht überall und immer so. Das Geschehen ist stets das gleiche: Jemand verschafft sich mit eigentlich unerlaubten Mitteln eine Kraft – auch Wettbewerbsvorteil genannt –, die er eigentlich nicht hat. Biochemisches Doping ist nur eines dieser Mittel, finanzielles Doping – auch Bestechung genannt – ein anderes.

Bisher kaum thematisiert: Die Rolle der Gesundheitsindustrie, die die Produkte und Experten für "biochemisches Doping" liefert. Von Epo bis zu Wohlfühl-Psychopharmaka. Der Sprit für die Leistungsgesellschaft. Verwundert es da, dass in der Pharmaindustrie und im Gesundheistwesen auch das "finanzielle Doping" besonders ausgeprägt ist?
 
[heile Welt]
Autor: strappato   2007-05-26   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Pfizer kauft bloggerin

Virginia Buckingham, Kolumnistin beim Boston Herald und bloggerin, wird "Assistant director of government relations" bei Pfizer. Sozusagen angestellte Lobbyistin. Buckingham bertrieb das blog "Rx Daily Dose", dessen URL mittlerweile auf die PR-Firma eNilsson umgeleitet ist, zu deren Kunden Pfizer gehört.

Vielleicht kauft mich ja auch mal ein Pharmaunternehmen fürs Kommunizieren ein.
 
[Internet]
Autor: strappato   2007-05-25   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Ausländische Klinikketten stehen in den Startblöcken

Die nächste Phase der Strukturveränderungen im Krankenhaussektor wird eingeläutet. Klinikbetreiber aus dem Ausland drängen auf den deutschen Markt.

Dazu der obligatorsiche link: http://www.kliniksterben.de/
 
[Klinik]
Autor: strappato   2007-05-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Impfstoff ist ausgegangen

Knapper FSME-Impfstoff - auch in Österreich.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2007-05-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Register für klinische Studien

Wie im Kommentar versprochen ein paar links zu Studien-Registern. Eigentlich sollen diese Register Transparenz herstellen. Aber man konnte sich nicht auf einheitliche Verfahren einigen und so ist die Vielzahl der Register und Datenbanken wieder sehr intransparent.

Behörden & Institutionen

Verbände

Universitäten

Dienstleister

Pharmaunternehmen (meist mit Ergebnissen)


 
[Klinische Studien]
Autor: strappato   2007-05-25   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

BranchenGschichten

Die österreichische Pharmaszene hat nun auch eine Web-TV-Sendung. Der Tomograph nimmt in der ersten Sendung die Verleihung des Werber-Awards "Goldenes Skalpell" aufs Korn.
 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2007-05-24   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Transparenz schlägt zurück

Das orale Antidiabetikum Rosiglitazon (Handelsname Avandia®) von GlaxoSmithKline (GSK) könnte das Risiko von Herzinfarkten und tödlichen Herzerkrankungen erhöhen. Das legen die Ergebnisse einer Metanalyse nahe.

Interessant ist der Hintergrund der Analyse, über die die NY Times berichtet. In einem Gerichtsverfahren zum Antidepressiva Paxil hatte sich GSK verpflichtet, die Ergebnisse aller klinischen Studien zu Paxil und anderen Wirkstoffen zu veröffentlichen. Zu den ersten Daten auf der Internetseite gehörten 65 Studien zu Avandia®.

Ein Kardiologe der Cleveland Clinic, Dr. Steven Nissen, traf auf die Internetseite bei Nachforschungen zu dem Produkt und zusammen mit Kollegen führte er eine kurze Meta-Analyse der Daten durch, die nun im New England Medical Journal veröffentlicht worden ist.

Mittlerweile hat sich die Pharmaindustrie zur Unterstützung von Studienregistern durchgerungen. Die Kehrseite solcher Transparenz hat GSK jetzt erlebt.
 
[Klinische Studien]
Autor: strappato   2007-05-24   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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