Brisante Themen zu kompliziert für Journalisten

Die Initiative Nachrichtenaufklärung identifiziert jedes Jahr die Top 10 der gesellschaftlich brisanten Themen, die die deutschsprachigen Medien unter den Tisch fallen lassen:
Ein Hauptgrund für die Vernachlässigung relevanter oder brisanter Themen sei, dass sie zu kompliziert sind und nicht in kurzer Zeit recherchiert und in kurzer Form verständlich dargestellt werden können, sagte Jury-Mitglied Peter Ludes von der Jacobs University Bremen. "Das ist eine Kosten-Nutzen-Analyse." Journalisten stünden unter enormem Zeitdruck. Gleichzeitig litten sie unter dem Druck von Anzeigenkunden oder auch von Unternehmen und Lobbyisten, die die Berichterstattung über heikle Nachrichten mit Prozessandrohungen verhinderten.

Themen wie der jüngst von den deutschen Medien ignorierte Zyprexa-Skandal mit Tausenden von Opfern und Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe sind offenbar so kompliziert, dass sie auch von der Initiative Nachrichtenaufklärung nicht in kurzer Zeit recherchiert werden konnten. Das Thema "Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Patientenrechte" schaffte es zuletzt 1998 in die Top 10 der vernachlässigten Themen.
 
[Journalismus]
Autor: hockeystick   2008-02-08   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

TK für Kontrolle der Arzneimittelmuster

5,5 Milliarden Arzneimittelmuster könnten die Pharmaberater theoretisch jedes Jahr in Deutschlands Praxen abgeben. Diese Zahl nahm das "Wissenschaftliche Institut der Techniker Krankenkasse für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen" (WINEG) zu Anlass, in einem pdf-DateiPositionspapier sich mit dieser Form des Pharmamarketings zu beschäftigen.

Nach dem Arzneimittelgesetz ist nur die Abgabe von zwei Ärztemuster (kleinste Packungsgröße) pro Jahr und Arzt erlaubt. Dabei zeigen manche Pharmaberater und Unternehmen mathematische Schwächen.

Das WINEG schlägt vor, die Musterabgabe zeitlich auf die ersten zwölf Monate nach der Zulassung des Medikamentes zu begrenzen.

Ein weiterer Punkt, der für eine stärkere Kontrolle der Ärztemusterabgabe spricht: Arzneimittelmuster werden meist von Pharmavertretern in die Praxen geliefert und sind so den Qualitätskontrollen für die Lagerung und dem Rückrufsystem entzogen. In der Pharmaaussendienst-Szene gibt es den Spruch: Woran erkennt man einen Pharmaberater? Daran, dass er sein Auto auf der Strasse stehen hat, weil der die Garage für die Medikamentenmuster braucht.
 
[Pharmaaussendienst]
Autor: strappato   2008-02-08   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Cholesterin-Debatte in den USA hält an

Sinn und Unsinn einer medikamentösen Cholesterinsenkung sind weiterhin Thema in den amerikanischen Medien. Nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse der gescheiterten ENHANCE-Studie war die Debatte ausgebrochen, in der auch der Nutzen der in den USA bislang stets als Allheilmittel und Jungbrunnen gehandelten Statine hinterfragt wird.

In Deutschland findet das Thema bestenfalls als Störfaktor für erwartete Kursgewinne von Pharma-Aktien in den Börsentickern Erwähnung. Drei aktuelle Artikel, die man in dieser Qualität vom deutschsprachigen Medizinjournalismus nicht erwarten kann:

International Herald Tribune: What's cholesterol got to do with it?

CNN Money: Cholesterol skeptics have their day

Chicago Tribune: Jury still out on statin benefits
 
[Ezetrol]
Autor: hockeystick   2008-02-08   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Markenrechtsverletzung von Wyeth Österreich?

Mit Google-AdWords kann man viel Schindluder treiben. Etwa den Konkurrenten arm klicken oder Nutzer mit falschen Angaben auf fragwürdige Seiten locken. Auch beliebt ist, eingetragene Markenzeichen der Konkurrenz als Keyword zu buchen. Dies ist jedoch eine Markenrechtsverletzung. Sowohl in Österreich als auch hierzulande haben Gerichte entschieden, dass die Verwendung eines markenrechtlich geschützten Begriffs als AdWord eine Verletzungshandlung darstellt.

Diese Information ist noch nicht bis zur Österreich-Dependance des Pharmakonzerns Wyeth, Wyeth-Lederle Pharma GmbH, gedrungen. Sonst würde nicht bei der google-Suche nach Medikamenten zur Therapie von Rheumatoide Arthritis, Psoriasis oder Morbus Bechterew als bezahlte Anzeige der Link zur Seite comebackinsleben.at auftauchen. Eine nur nachlässig als Informationsseite getarnte Werbung für Enbrel® von Wyeth.

Ein paar Beispiele (zum Vergrössern klicken):

MabThera®, eine Marke von Roche.


Humira® eine Marke von Abbott.


Remicade®, eine Marke von Schering-Plough (in Deutschland und Österreich Essex Pharma).


Die Marketing-Agentur (pbk Ideenreich) war gründlich. Klar, dass auch alle relevanten Krankheitsbegriffe und Wirkstoffnamen bei google gebucht worden sind. Ein wenig im Eifer über das Ziel hinaus geschossen?

Für Stammleser: comebackinsleben.at ist schon vor einem halben Jahr hier im blog durch den lockeren Umgang mit Fachinformationen aufgefallen. Mittlerweile ist dieses Loch gestopft, aber unter enbrel.at erhält das Fachpublikum - und wer meint, dazu zu gehören - weiterhin ohne Zugangsschutz Marketing-Informationen über das Medikament.

Der Geschäftsführer von Wyeth Österreich steht dem Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) vor. Das FOPI setzt sich dafür ein, dass ein rechtlicher Rahmen geschaffen wird, welcher den Zugang zu Informationen über Gesundheit und Medikamente für BürgerInnen und PatientInnen verbessert. Die AdWord-Manipulationen und der ungenügende Zugangsschutz zu Fachinformationen geben einen Vorgeschmack darauf, was Patienten bei einer Lockerung der Werbebeschränkungen erwarten würde.

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Update

Sehr gewissenhaft, würde man bei Österreichern gar nicht erwarten. Bei Yahoo war die Agentur auch keyword-shopping.






 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2008-02-07   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Update der Verdachtsfälle auf HPV-Impfkomplikationen

Die Anzahl der in dem Blog-Artikel genannten Verdachtsfälle auf Impfkomplikationen, die der gemeinsamen Datenbank des CDC und der FDA "Vaccine Adverse Event Reporting System" (VAERS) in den USA gemeldet worden sind, muss revidiert werden.

Eine aufmerksame Leserin hat nachgezählt und weist uns darauf hin, dass die Zahl der Verdachtsfälle für Impfkomplikationen nach HPV-Impfung in der VAERS-Datenbank deutlich höher legt, als von uns angegeben. Grund ist, dass nicht in allen Fällen das Stichwort "Gardasil" in der Meldung auftaucht.

Auf Basis der mittlerweile bis zum 31.12.2007 verfügbaren Daten stellen sich die Zahlen folgendermaßen dar:
- 12 Todesfälle (bei zwei davon wurde HPV/HPV4 als VAX2 und VAX3) eingegeben
- 4499 gemeldete "Adverse Events". Bei 4084 davon wird HPV/HPV4 als VAX1 angeben, bei 15 davon wird HPV/HPV4 nicht unter VAX1-8 genannt, bei 2821 davon findet man das Wort "gardasil" in SYMPT_TEXT.
 
[HPV]
Autor: strappato   2008-02-07   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Arznei-Telegramm kritisiert Paul-Ehrlich-Institut

In einem "blitz-a-t" beschäftigt sich das Arzneitelegramm mit der beschwichtigenden Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts zu den Todesfällen nach HPV-Impfung und greift dabei unter Bezugnahme auf dieses Blog die von uns geäußerten Kritikpunkte auf (vgl. auch die Wortmeldung des PEI):
Für das Jahr 2006 bedeutet das, dass es bei den 15- bis unter 20-jährigen Frauen laut Todesursachenstatistik keinen einzigen unklaren plötzlichen Todesfall (R96**) gab. Die erwähnten 22 Todesfälle stammen aus der Rubrik "Tod ohne Anwesenheit anderer Personen" (R98, 3 Fälle) sowie aus der Rubrik "Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen" (R99, 19 Fälle), in der beispielsweise Todesfälle erfasst werden, zu deren Ursache im Totenschein nichts angegeben ist oder bei denen der Totenschein unleserlich oder mangelhaft ausgefüllt war (3).

Den Nutzen der Impfung schätzt das Arzneitelegramm nach wie vor fraglich ein:
Angesichts der unklaren Risiken wiegen die offenen Fragen hinsichtlich des Nutzens der HPV-Impfung (a-t 2007; 38: 57-9) um so schwerer: Die HPV-Vakzine senkt die Gesamtzahl höhergradiger Zervixdysplasien (CIN 2 und höher) bei Frauen zwischen 16 und 26 Jahren, die mehrheitlich bereits sexuelle Kontakte hatten, nur um 17% und damit deutlich weniger als erhofft. Für die als Surrogatparameter für ein Zervixkarzinom geeigneteren hochgradigen Dysplasien (CIN 3) lässt sich statistisch kein Effekt sichern. Die entscheidende Frage, wie sich GARDASIL bei Frauen, die bis zum Abschluss der Grundimmunisierung nicht mit den im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen 16 und 18 infiziert sind, auf die Gesamtzahl höhergradiger Zervixdysplasien auswirkt, ist nach wie vor offen, obwohl die Daten erfasst sein müssten. Die veröffentlichten Daten zum zweiten HPV-Impfstoff CERVARIX sind noch unbefriedigender (a-t 2007; 38: 101-3). Eine Empfehlung der HPV-Impfung lässt sich daher unseres Erachtens derzeit nicht begründen.

 
[HPV]
Autor: hockeystick   2008-02-07   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Verspätungen bei Gesundheitsregion Berlin

Das Helios-Klinikum in Berlin-Buch konnte vor wenigen Tagen stolz verkünden, als erstes Krankenhaus in Berlin und den neuen Bundesländern die sogenannte Tomotherapie anzubieten.

Ein Erfolg für die Bemühungen Berlins mit dem Thema Gesundheit als Wirtschafts- und Standortfaktor neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dafür wurde erst am 27. November 2007 der "Masterplan Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg" beschlossen.

Nicht genug mit einem der 3,5 Millionen teuren Geräte in Berlin. Deutsche Forschungsgemeinschaft hatte bereits 2005 ihrerseits vier Tomotherapie-Bestrahlungsgeräte bewilligt, die zur Erforschung der neuen Therapie eingesetzt werden sollen. Davon eines an der Charité. Drei davon konnten bis Frühjahr 2007 aufgestellt werden. Das Berliner Grossgerät stand 9 Monate unbenutzt in einem Lager, wie der Tagesspiegel in Erfahrung brachte.

Ist noch ein weiter Weg zur Gesundheitsregion.
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2008-02-07   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 



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