Pfizer: Achtung Baustelle


Bei Pfizer wird weiter umgebaut. Letzte Woche hat der (noch) weltgrösste Pharmakonzern die Konzentration auf ausgewählte Forschungsfelder verkündet. Nun ist die Organisation an der Reihe. Statt den traditionellen geographisch aufgeteilten Units, wie es auch bei anderen Pharmaunternehmen üblich ist, soll es drei Breiche geben, die eigene Verantwortung für Gewinn und Umsatz haben: Einer für Primary Care, also den Hausarztbereich, einer für den Facharzt-/Klinikbereich und nur noch eine geographisch zusammengefasste Unit, die aufstrebende Märkte umfasst, gemeinhin die "BRIC-Staaten" - Brasilien, Russland, Indien, China. CEO Kindler hatte schon vor einiger Zeit die Onkologie, Biotech-Medikamente und Tierarzneimittel als eigene Geschäftsbereiche ausgegliedert.

Zur Beruhigung der Mitarbeiter wird verkündet, dass dies keine weiteren Stellenkürzungen bedeutet. Bis zur nächsten Runde. Gemäss dem neuen Forschungsfokus und die in den nächsten Jahren auslaufenden Patente dürfte sich die "Primary Care Unit" bald erledigt haben.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-10-08   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Lilly zahlt 63 Millionen Dollar an US-Bundesstaaten

Der Pharmakonzern Eli Lilly hat sich mit 33 US-Bundesstaaten auf eine Zahlung von 63 Millionen Dollar geeinigt. Lilly hatte das Medikament Zyprexa®, das zur nur Therapie von Schizophrenie und Bipolare Störungen zugelassen war, auch zur Behandlung von Demenz und milden Formen der Bipolaren Störung vermarktet, was interne Dokument von Lilly belegen.
The company’s deceptive marketing practices were illegal and highly dangerous,” Lisa Madigan, the attorney general of Illinois, said in a statement.
Die Summe übersteigt die 58 Millionen Dollar, die Merck & Co. in einem ähnlichem Fall wegen des irreführenden Marketings von Vioxx im Mai dieses Jahres zahlen musste.

Weitere 63 Millionen Dollar, zu den mehr als mehr als 1 Milliarde Dollar, die dem Konzern das off-label Marketing und das Verschweigen der Nebenwirkungen von Zyprexa® bisher gekostet hat. Prozesse mit US-Bundesstaaten stehen noch aus, in denen Lilly wiederum 1 Milliarde Dollar loswerden könnte. Bei 4,3 Milliarden Dollar Umsatz mit Lillys wichtigsten Medikament allein 2007 ist das fast zu verschmerzen.

Für das Bietergefecht um das Biotech-Unternehmen Imclone, das Lilly mit 6,5 Milliarden Dollar für sich entscheiden konnte, hat es jedenfalls gereicht.
 
[Zyprexa]
Autor: strappato   2008-10-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

In schützender Mission

Zum Thema Impfen noch zwei Werbeplakate aus Österreich.

Einmal Grippeimpfung nach James-Bond-Manier. "In schützender Mission". Wer würde sich dem entziehen? James Bond gewinnt bekanntlich immer.


Zum Zweiten ein bekannter Kopf für die Pneumokokkenimpfung. Ob da "Vitalstoffe" drin sind?

 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2008-10-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Milchmädchenrechnung bei Grippeimpfung

Der Nutzen der Grippe-Impfung ist in die Diskussion gekommen. Der unabhängige Informationsdienst "arznei-telegramm" (a-t) bewertet in der aktuellen Ausgabe die Wirksamkeit der Influenzaimpfung (Wird die Wirksamkeit der Influenzaimpfung überschätzt? arznei-telegramm 2008;39:101-104) und kommt zum Schluss, die häufig geäusserte Annahme, dass die Influenzaimpfung die Gesamtmortalität während einer Virusgrippesaison um bis zu 50% senke, sei unrealistisch. Zwar werde die Unwirksamkeit durch die vorliegenden wissenschaftlichen Studien nicht belegt, diese würden aber das Fehlen valider Wirksamkeitsdaten verdeutlichen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie hatte einen "healthy user effect" bestätigt, der die Ergebnisse verzerrt. Für die Zeiträume ausserhalb der Influenzasaison konnte eine "Reduktion" der Sterblichkeit bei Geimpften um die Hälfte errechnen werden - die logischerweise nicht durch die Impfung entstanden sein kann.

Die Autoren der Studie halten den Nutzen der Grippeimpfungen gerade für Senioren für überschätzt.
Das Team zieht indes aus der Studie nicht die Konsequenz, dass Senioren auf die Grippeimpfung verzichten sollten. Vor allem gebrechliche Menschen sollten sie in Anspruch nehmen, sie sollten sie aber nicht als Lebensversicherung betrachten, sondern weitere Vorsichtsmaßnahmen beachten. Dazu gehöre etwa das regelmäßige Händewaschen, die Vermeidung von Kontakten mit erkrankten Kindern und die Vermeidung von Krankenhausbesuchen während der Grippewelle.

Auch die Autoren einer anderen Studie kommen zu der Empfehlung: "Ein kaum wirksamer Impfstoff ist auf jeden Fall besser als gar keiner", und raten nicht von der Impfung generell ab.

Zu kritisieren ist jedoch das massive Marketing der Pharmaindustrie für die Impfung, gemeinsam mit Gesundheitsbehörden und Fachverbänden. Mit welchen zweifelhaften Kalkulationen argumentiert wird, dokumentiert das a-t:
GRIPPEIMPFUNG: ERFOLGSRATEN GEBASTELT NACH RKI-METHODE
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts hat die Grippeimpfung in den Grippesaisons 2001/02 bis 2006/07 5.300 grippebedingte Todesfälle verhindert. Weitere 2.800 Grippe-Tote hätten verhindert werden können, wenn das WHO-Ziel, eine 75%ige Impfrate bei Älteren, erreicht worden wäre. Die Berechnung beruht auf der Annahme, dass der "Impfstoff zu 30% wirksam in der Verhinderung einer tödlichen Grippeinfektion bei über 60-Jährigen" ist. Grundlage dieser Annahme sind wiederum zwei Observationsstudien aus den Jahren 2004 und 2007. Liest man in diesen Arbeiten nach, ist man verwundert, da in beiden die Zahl der tödlichen Grippeinfektionen gar nicht geprüft wird. Es werden zwar Sterberaten ermittelt. In der ersten Arbeit wird jedoch die Todesrate an allen respiratorischen Erkrankungen gemessen (12%ige Reduktion), in der zweiten die Gesamtmortalität, mit völlig unrealistischem Ergebnis (48%ige Reduktion). Das RKI scheut sich nicht, den Mittelwert aus Äpfeln und Birnen zu bilden und diesen als Rhabarber zu verkaufen: (12% + 48%) : 2 = 30%ige Reduktion tödlicher Grippeinfektionen. Diese in absurder Weise hergeleiteten und daher vermutlich falschen Zahlen werden öffentlich kommuniziert und dienen offenbar als Entscheidungsbegründung für Impfempfehlungen.

 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-10-07   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Flying Doctor Service

Der amerikanische Psychiatrie-Professor Dr. Charles Nemeroff von der Emory University in Atlanta hat zwischen 2000 und 2007 rund 2,8 Millionen US$ Beratungs- und Sprecherhonorare von verschiedenen Pharmafirmen erhalten. Das hat die jüngste Untersuchung des US-Senators Chuck Grassley ergeben, der in der Vergangenheit schon die Freizeitaktivitäten anderer angesehener Mediziner ausgeleuchtet hat. Auch in diesem Fall gibt es wieder eine gravierende Diskrepanz zwischen den Summen, die der Professor tatsächlich eingenommen hat und den Angaben, die er gegenüber seinem Arbeitgeber offengelegt hat.

In pdf-Dateidieser Tabelle ist ein kleiner Ausschnitt aus Nemeroffs Terminkalender zu sehen. Auf 39 Seiten sind nur diejenigen seiner Termine aufgelistet, die er für das Pharmaunternehmen GSK (GlaxoSmithKline) zwischen den Jahren 2000 und 2006 wahrgenommen hat. Hier 5000 US$ Honorar für ein Meeting des "National Advisory Boards", da 2500 US$ für ein "Dinner Meeting", dort auch mal ganz bequem verdiente 6000 US$ für die Teilnahme an einer Telefonkonferenz. Ob New York, Reno, Orlando, Cincinnati, Dallas, Phoenix, Chicaco, Nashville, Boston, Seattle oder San Francisco, kein Weg war ihm zu weit, um über die wunderbaren Eigenschaften von Paxil® (in Deutschland Seroxat®) referieren zu können.

Pharmalot stellt die naheliegende Frage:
It also raises a question - when he did find time to do anything else?
--

Aus den Kommentaren bei Pharmalot:
It reminds me of the story about the Prof of Cardiology who liked the lecture circuit a bit too much. His knickname was ”The British Airways Professor of Cardiovascular Medicine”!

He was asked: “Who looks after your patients when you are away?”

He replied: “The same people who do it when I’m here!”

 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-10-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Studie zu Plazebo-Effekt erhält Ig® Nobelpreis

Teure Plazebos wirken besser als billige. Diese Untersuchung zum Verständnis des Plazebo-Effekts hat Dan Ariely, Rebecca L. Waber, Baba Shiv und Ziv Carmon den Anti-Nobelpreis in Medizin eingebracht (Ig® Nobel Prize). Eine satirische Auszeichnung, die von der Harvard-Universität in Cambridge (USA) für skurrile wissenschaftliche Arbeiten verliehen wird. Es werden Erkenntnisse ausgezeichnet, that first make people laugh, and then make them think.

Eine durchaus ehrenwerte und in der scientific community geschätzte Auszeichnung.
 
[Wissenschaft]
Autor: strappato   2008-10-06   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Österreichische Klinik zahlte für illegale Studien

In Österreich braucht es immer etwas länger. So hat die Tiroler Landeskrankenanstalten (TILAK) jetzt erst bemerkt, dass sie für die illegalen Stammzell-Behandlungen an der Uniklinik Innsbruck 1,2 Millionen Euro gezahlt hat. Zwei Professoren versprachen Patienten, die an Harninkontinenz leiden, Heilung, und machten die Patienten zu Probanden in nicht angemeldeten und von der Ethikkommission geprüften Studien. Die TILAK, ein Unternehmen der öffentlichen Hand und Träger der Uniklinik Innsbruck, hatte über Jahre die Behandlung bezahlt, obwohl laut Gesetz öffentliche Gelder nur für etablierte Therapie-Methoden verwenden werden dürfen.

Der Skandal hatte auch international für Aufmerksamkeit gesorgt.

Eine Schadensersatzklage eines Ex-Patienten gegen die TILAK hatte den Fall ins Rollen gebracht. Schon beim Prozess im April 2008 wurde deutlich, dass die Studien nicht mit der entsprechenden Sorgfalt durchgeführt worden sind und es zu Unregelmässigkeiten gekommen war. Die TILAK hatte daher schon 2006 die Finanzierung der Zellherstellung für die Therapie eingestellt. Nun fühlt sich das Unternehmen selber getäuscht, dabei hatten sich die Verantwortlichen auf die Versprechungen der ehrenwerten Herren Professoren verlassen:
Auf die Frage, warum nicht bereits früher kontrolliert wurde, sagt [TILAK Vorstandsdirektor] Steiner: "Es gibt bei jeder Universitätsklinik einen leitenden Professor. Wenn ein leitender Professor sagt, dass alles in Ordnung ist, muss man im ersten Ansatz auch davon ausgehen."

Bereits in dem Anfang August 2008 vorgelegten Expertengutachten wurde klar, dass bei der TILAK nicht genau hingesehen hat, wie ihre Ärzte klinische Studien betrieben.
Die zuletzt vorgelegte Versicherungsbestätigung ist laut Aussage von Zürich Kosmos [der Versicherungsgesellschaft, Hubert Rehm] gefälscht. Die vorgelegte Versicherungsbestätigung der TILAK ist laut TILAK unplausibel und kann gemäß den Prozessen der TILAK in dieser Form nicht ausgestellt worden sein. Das Einreichformular bei der Ethikkommission weist eine Nummer auf, die gemäß den damals etablierten Prozessen nicht aufscheinen konnte ...

Übrigens wäre ein ähnlicher Fall in Deutschland so nicht denkbar und auch Krankenkassen hätten wohl nicht für die unerprobte Stammzelltherapie gezahlt. Nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG § 8 Abs. 1 Satz 2) können bei Patienten, die im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden, nur die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden. Versicherte haben in klinischen Studien nur dann einen Leistungsanspruch
und die Krankenkassen eine Leistungspflicht, wenn eine medizinische Behandlung indiziert ist und eine Behandlung auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnissen erfolgt. Die reinen Forschungskosten bzw. ein forschungsbedingter Mehraufwand in der Krankenversorgung können und dürfen nicht von der GKV entgolten werden.
 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2008-10-05   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Interessenkonflikte Titelthema im Ärzteblatt

Der Regensburger Professor David Klemperer erläutert der staunenden deutschen Ärzteschaft in der aktuellen Ärzteblatt-Titelgeschichte, was Interessenkonflikte sind und warum sie problematisch sind.

Seine Forderungen am Ende des Artikels:
Der größte Teil der Interessenkonflikte in der Medizin ist mit wenigen Maßnahmen vermeidbar. Dazu wäre es erforderlich, dass Ärzte in Zukunft keinerlei Geschenke der Industrie mehr annehmen und auf jegliche Finanzierung ihrer Fortbildung durch die Industrie verzichten. Auch die Forschung sollte so gestaltet werden, dass das Streben nach Wahrheit nicht durch kommerzielle Interessen gefährdet wird – dies erfordert grundlegende, politisch zu beschließende Veränderungen der Forschungsfinanzierung.

Da Betroffene selbst in der Regel am wenigsten dazu in der Lage sind, das Vorliegen und die Auswirkungen von Interessenkonflikten und Beeinflussung zu beurteilen, sollte anderen eine Beurteilung ermöglicht werden. Dazu können öffentlich zugängliche Register dienen, in denen Personen und Organisationen alle Sachverhalte öffentlich machen, die einen Interessenkonflikt darstellen oder eine Beeinflussung bewirken könnten – bei Wissenschaftlern zum Beispiel die Tätigkeiten, materieller Gewinn, Auslage von Kosten, zeitlicher Aufwand, gefühlter Imagegewinn und gefühlte Beeinflussung (das so gestaltete Interessenregister des Autors ist im Internet abrufbar unter: pdf-Dateiwww.davidklemperer.de/interessenregister.pdf). Zu betonen ist, dass mit der Offenlegung das Problem von Interessenkonflikten keineswegs gelöst ist, weil sie weiterhin wirksam sein können.

In seinem Schlussplädoyer versucht er, die an solchen Fragen bislang erfahrungsgemäß wenig interessierten Mediziner bei ihrer Berufsehre zu packen:
Der ärztliche Beruf wird aus berufssoziologischer Sicht als Profession, als ein gehobener Beruf bezeichnet. Grundlage dafür ist das Erfordernis einer besonderen Vertrauenswürdigkeit der Berufsausübung. Patienten erwarten, dass Ärzte, denen sie ihre Gesundheit und ihr Leben anvertrauen, das Gesundheitsproblem bestmöglich im Sinne des primären Interesses lösen und jegliche sekundären Interessen, wie zum Beispiel Eigeninteressen finanzieller Art, hintanstellen. Dies macht die „Seele“ von Professionalität aus. Die Gewährleistung einer in diesem Sinne sicheren Berufsausübung ist den Angehörigen der Berufsgruppe selbst übertragen und sollte in Deutschland durch die Selbstverwaltungsstrukturen (Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen) gewährleistet sein. Ein öffentlich nachvollziehbarer und Vertrauen schaffender Umgang mit Interessenkonflikten ist daher eine berufspolitisch unabdingbare Anforderung für den Erhalt des Ansehens und des gesellschaftlichen Status des Arztberufs.

 
[Ethik & Monetik]
Autor: hockeystick   2008-10-05   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 



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