Traumberuf Medizinjournalist (XVII)

Unser Ansatz überzeugte das pharmazeutische Unternehmen Sanofi-Aventis als Mitfinanzier. Dies obwohl – und wohl gerade weil – unsere redaktionelle Unabhängigkeit Bedingung ist. Als deshalb weiterhin redaktionell unabhängige Presseagentur fühlen wir uns allein unseren Lesern verpflichtet und dem Thema „gerechte Gesundheit“.

Das Selbstverständnis zur Unabhängigkeit des Portals Gerechte Gesundheit.
 
[Journalismus]
Autor: strappato   2010-01-04   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Medizinische Versorgung ohne Gesundheitskarte

Vier Jahre Stationäre Aufnahme. Eines der ersten Postings betraf die Gesundheitsversorgung von Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Der IPPNW (Verein Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs) forderte damals die gesetzlichen Voraussetzungen für ein System anonymer Behandlungsangebote für Flüchtlinge ohne Papiere zu schaffen und Rechtssicherheit bei der Unterstützung, Betreuung und Behandlung von Menschen ohne Papiere herzustellen. Im Herbst 2006 hatte der IPPNW die im Rahmen der Kampagne gesammelten Unterschriften die damalige Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckhardt übergeben.

Zumindest bei der Notfallversorgung im Krankenhaus gab es Fortschritte. Seit Herbst 2009 können Menschen ohne Aufenthaltsstatus sich in Notfällen in Krankenhäusern behandeln lassen, ohne eine Abschiebung fürchten zu müssen. Aus humanitärer und rechtlicher Perspektive ist ein verbesserter Zugang zu medizinischer Versorgung für irreguläre Migranten dringend nötig. In verschiedenen internationalen Konventionen ist das Recht auf Gesundheit verankert. Eine pdf-DateiStudie der Organoisation Médecins du Monde – Ärzte der Welt kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Situation in Deutschland dabei im EU-Vergleich "mit am schwierigsten" sei.

Die Berliner Ärztekammer will diese Schattenwelt aufhellen und hat eine Fragebogenaktion pdf-Dateigestartet. Um die Situation von Patienten ohne legalen Aufenthaltstatus und deren behandelnden Ärzten besser erfassen und in der Folge verbessern zu können, sollen Ärztinnen und Ärzte über ihre Erfahrungen bei der ambulanten Versorgung von Menschen ohne Papiere in Berlin anonym pdf-Dateiberichten.

In der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift der Berliner Ärztekamme "Berliner Ärzte" gibt es zu diesem Thema Beiträge von Adelheid Franz, Ärztliche Leiterin der Malteser Migranten Medizin in Berlin: pdf-DateiGesundheit in der Illegalität, und Benjamin-Immanuel Hoff, Berliner Staatssekretär für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz: pdf-DateiDie Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Illegalisierter im Blick.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2010-01-04   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Links am Samstag

US stars are falling victim to prescription drugs - Thousands of Britons are also addicted to painkillers and other pills obtained legally from GPs or on internet.

Pharma Company Avoids Injunction By Dropping Competitive Keyword Ads--King v. ZymoGenetics - Klage-Overkill bei vermeintlichen AdWords-Betrug.

Der Patientenwille ist kein Himmelreich - ein Chefarzt berichtet von den Tücken der Patientenverfügung.

Looking for Overhaul Answers? Here Are Bunches of Questions.

Sugababes Reveal Their Support for New Cervical Cancer Campaign - HPV-Impfmarketing in UK: GlaxoSmithKline bezahlt die Sugarbabes und das Royal College of Nursing and Wellbeing of Women "the Fight Cervical Cancer in Style campaign will use celebrities, fashion, music and dance to bring it to life."

Wanted: volunteers for free week-long holidays in Mexico - Gegenleistung: Impfstoff gegen Reisediarrhoe testen. Deutsche werden auch gesucht.

SWR startet achtteilige Doku-Serie zu Heidelberger Orthopädie - Titel der Doku-Soap: "Die Knochen-Docs".

Werbung für den guten Zweck? Lieber nicht... - Deutsche Krebshilfe vermeidet Nähe zu Gamer-Verein.

Medical tourism: '5-star' care at a discount.

An Underground Campaign - Lobbywerbung in der U-Bahnstation. In Deutschland wäre das wirkungslos, wir haben für die Bundestagsabgeordneten den Fahrdienst.

Stützstrumpf der Nation - in der ZEIT wird die Apotheken-Umschau gefeiert. Ist auch bei der Pharmaindustrie beliebt.
 
[Links]
Autor: strappato   2010-01-02   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien (III) (Update 2)

In unserer beliebten Reihe, in der wir den Wahrheitsgehalt von Interessenkonflikt-Statements im "Deutschen Ärzteblatt" auf die Probe stellen, widmen wir uns zum Auftakt des Neuen Jahres dem Erstautor des am 21. Dezember erschienen Artikels von Schmiegel et. al. über das kolorektale Karzinom.

Wolff Schmiegel, Professor und Direktor der Medizinischen Klinik im Knappschaftskrankenhaus Bochum, ist der vielleicht einflussreichste deutsche Meinungsbildner in einem der lukrativsten Segmente des Pharmamarktes. Hier geht es u.a. um extrem teure Medikamente wie Avastin® und Erbitux®, deren Wirksamkeit in Bezug auf eine Lebensverlängerung im besten Falle gering und nicht immer gesichert ist, deren Einsatz den Herstellern jedoch pro Patient leicht mehrere Zehntausend Euro in die Kassen spült. Schmiegel ist gleichzeitig Erstautor der S3-Leitlinie zum kolorektalen Karzinom, deren jüngste Aktualisierungen in dem Artikel präsentiert werden.

Schmiegel gibt an, frei von Interessenkonflikten zu sein:


Der Glaubwürdigkeit dieser Behauptung möchte ich dieses Mal mittels eines chronologischen Abrisses von Ereignissen aus dem Leben und Wirken des Meinungsbildners Wolff Schmiegel auf die Probe stellen, beginnend im Jahr 2005.

Nicht alle im folgenden genannten Punkte stellen Interessenkonflikte dar, die in dem Dreijahreszeitraum liegen, der von den Autoren des "Deutschen Ärzteblattes" bei der Angabe von Interessenkonflikten mindestens zu berücksichtigen wäre. [Berichtigung, 7.1.: Laut den Autorenhinweisen des Deutschen Ärzteblattes ist sogar ein Fünfjahreszeitraum zu berücksichtigen]. Der besondere Reiz der nun folgenden chronologischen Aufzählung liegt vielmehr in Schmiegels Kreativität bei der Offenlegung seiner Interessenkonflikte in verschiedenen Publikationen, die mit geradezu schwindelerregenden Kursänderungen einher geht. Hinzu kommt, dass diese Erklärungen selbst bei wohlwollender Betrachtung zu keinem Zeitpunkt so recht zu dem Eindruck von den PR- und Forschungsaktivitäten Schmiegels passen wollen, der sich aus der Durchsicht anderer Quellen ergibt.

Februar 2005

Die Firma Hoffmann-La Roche AG veranstaltet in Frankfurt eine Pressekonferenz "Avastin® bringt Hoffnung bei Darmkrebs". Auch das "Deutsche Ärzteblatt" berichtet pflichtbewusst von der Veranstaltung und zitiert den anwesenden Experten Wolff Schmiegel. Er kommt auch in der zugehörigen Roche-Pressemeldung ("Angiogenese-Hemmer Avastin eröffnet eine neue Ära in der Krebstherapie") begeistert zu Wort:
"Jahrzehntelang galt die Chemotherapie als Behandlung der Wahl bei diesen Patienten", so Professor Wolff Schmiegel, Bochum. Doch die Suche nach effektiveren Medikamenten für einen gezielteren Kampf gegen den Krebs ging weiter - mit Erfolg.

Mai 2005

Die Mitgliederzeitschrift "Forum" der Deutschen Krebsgesellschaft berichtet über die Weiterentwicklung der S3-Leitlinien zum Kolonkarzinom unter der Leitung von Wolff Schmiegel. Schmiegel höchst selbst ist Zweitautor des Artikels:


Schmiegel weist am Ende des Artikels jegliche Interessenkonflikte finanzieller oder persönlicher Natur weit von sich:


September 2006

Schmiegel findet sich als Sprecher im Programm eines durch die Firma Roche ausgerichteten "Satellitensymposiums":


Oktober 2006

Die Rekrutierungsphase einer Phase-II-Medikamentenstudie, in der u.a. Präparate von Roche getestet werden, ist abgeschlossen. Schmiegel, Co-Autor der späteren Veröffentlichung, wird als verantwortlicher Ansprechpartner der Studie genannt:


Es finden sich kaum Informationen über die Finanzierung der Studie. Mehrere Jahresberichte der Universität Regensburg nennen allerdings - wenig überraschend - die Firma Roche als Geldgeber:


Die Ergebnisse der Studie fließen später in die europäische Zulassung des Roche-Medikaments Xeloda® gegen Darmkrebs ein.

September 2007

Schmiegel taucht in einem Konferenzprogramm als Vorsitzender eines durch die Firma Merck Pharma GmbH (u.a. Erbitux®) ausgerichteten "Satellitensymposiums" auf:


Januar 2008

Schmiegel ist Co-Autor einer Veröffentlichung in der Zeitschrift "Nature Clinical Practice Gastroenterology & Hepatology". Schmiegel gibt überraschend Interessenkonflikte an, und zwar Verbindungen zu Astra-Zeneca, Roche und Sanofi-Aventis:

In der Online-Version präzisiert er diese Verbindungen. Es handele sich lediglich um die Entgegennahme von Reisekostenzuschüssen:
Competing interests

[...] Wolff Schmiegel has received travel grants from Astra-Zeneca, Roche, and Sanofi-Aventis.

Juli 2008

Die Ärztepostille "Medical Tribune" pdf-Dateizitiert Aussagen Schmiegels anlässlich einer von Pfizer Oncology veranstalteten Pressekonferenz, auf der er die Vorzüge des Pfizer-Zytostatikums Irinotecan (Campto®) zu würdigen weiß:
Von der Kombination aus Capecitabin plus Irinotecan konnten auch mehr Therapiezyklen verabreicht werden, so der Experte.

September 2008

Ein Ratgeber der Firma Roche ("Leben mit Darmkrebs" - "Innovationen für Darmkrebspatienten") erscheint.
Der Ratgeber der Roche Pharma AG entstand unter der wissenschaftlichen Beratung von Prof. Dr. Wolff Schmiegel.

Schmiegel steuert auch das Vorwort bei ("Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen Informationen rund um das Thema „Darmkrebs“ anbieten."):

Oktober 2008

Schmiegel findet sich in einem Konferenzprogramm als Vorsitzender eines durch die Firma Roche ausgerichteten "Satellitensymposiums":


Dezember 2008

Schmiegel ist Co-Autor eines pdf-DateiAufsatzes im "Journal of Clinical Oncology" zur Therapie des kolorektalen Karzinoms. Alle Autoren füllen nach den Angaben im Artikel eine Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten aus. Schmiegel gibt keine potentiellen Interessenkonflikte an.

Januar 2009

Merck Pharma freut sich in einer pdf-DateiPressemeldung über die wohlwollende Würdigung seines umstrittenen Medikaments Erbitux® in der unter Schmiegels Federführung verfassten neuen Fassung der S3-Leitlinien zum Kolonkarzinom:
Die Zulassung basiert auf aktuellen Daten, die die hohe Effektivität von Erbitux in der Erstlinientherapie in Kombination mit Standardchemotherapie belegen. Die hohe Evidenz dieser Daten wurde nun in den kürzlich publizierten S3-Leitlinien „Kolorektales Karzinom – Aktualisierung 2008“ bestätigt: Die Autoren empfehlen Erbitux als wichtige Therapieoption in der Erstlinienbehandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms.1
[...]
Literatur
1. S3-Leitlinien: Schmiegel W, et al. Z Gastroenterol 2008; 46: 799-840.

Juli 2009

Schmiegel wird als Co-Autor einer Übersichtsarbeit zur Anwendung u.a. von Avastin® in der Darmkrebstherapie angegeben. Die Veröffentlichung wurde mit Unterstützung der "medizinischen Kommunikationsagentur" Gardiner-Caldwell Communications verfasst, die hierfür von Roche bezahlt wurde. Auch weitere Kosten der Publikation wurden von Roche übernommen.

In der Veröffentlichung nennt Schmiegel zur Abwechslung Beratungstätigkeiten für Roche und AstraZeneca als Interessenkonflikte:


Dezember 2009

Wolff Schmiegel präsentiert der versammelten deutschen Ärzteschaft im "Deutschen Ärzteblatt" die aktualisierte S3-Leitlinie zum kolorektalen Karzinom - und sich selbst als frei von Interessenkonflikten.
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Update, 5.2.2010:

Berichtigung im Deutschen Ärzteblatt (II)
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Update, 10.6.2010:

Interessenkonflikte: Professor Schmiegel legt nach
 
[Ethik & Monetik]
Autor: hockeystick   2010-01-01   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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