Final: DocMorris muss Rollläden schliessen

DocMorris muss eine Niederlage einstecken. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes hat entschieden, dass bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren die Apothekenfiliale in Saarbrücken geschlossen werden muss.

Der Gründer, Ralf Däinghaus spricht von einer einsamen Entscheidung eines Verwaltungsgerichts und vergisst dabei, dass der Eröffnung der Filiale eine genauso einsame Entscheidung des Landesgesundheitsministers Hecken voraus ging. In keinem anderen Bundesland hätte DocMorris eine Betriebserlaubnis bekommen, da nach deutschem Recht der Apothekenbesitz nur natürlichen Personen erlaubt ist und nicht Kapitalgesellschaften. Die Auslegung zugunsten des Europarechts, erkaufte sich DocMorris mit der Zusage für den Bau eines Auslieferungslagers und 300 Arbeitsplätzen in dem chronisch klammen Bundesland.

Das deutsche Apothekenrecht mag reformbedürftig sein und nicht den Richtlinien der EU entsprechen. Aber das ist Aufgabe des Gesetzgebers und nicht eines Unternehmens, das sich mit Macht einen Startvorteil gegenüber den Konkurrenten sichern will.

Diese sind zum einen die Pharmagrosshändler Phoenix und Celesio, die im Ausland schon Apotheken betreiben und ihre Erfahrung bei der Öffnung des deutschen Marktes einbringen können, und zum anderen droht die Gesundheitskarte, die durch das elektronischen Rezept den Versandhandel bedroht.

Das Geld zum Aufbau von Apothekenketten ist da: Das Bundeskartellamt hatte erst Anfang des Monats gegen vier Pharmagroßhändler wegen illegaler Absprachen eine Strafe in Höhe von 2,6 Millionen Euro verhängt
 
[DocMorris]
Autor: strappato   2006-09-13   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Karmapunkte sammeln

Ich lasse ja hier im blog gerne mal den Pharmakritiker raushängen, aber im Grunde ist die Pharmaindustrie die Hand, die mich nährt. In den meisten Projekten kann ich meine moralischen Bedenken zerstreuen. Da geht es um Beratung und nicht um Marketing. Wir stellen die Situation dar, befragen Experten, weisen Lösungswege auf und schreiben wissenschaftliche Artikel, die in Journalen noch einmal den üblichen peer-review durchlaufen.

Aber es gibt auch andere Aufträge. Die ethischen Implikationen eines solchen beschäftigen mich zur Zeit gedanklich. In dem Projekt sollen wir zum Teil Aufgaben übernehmen, die sonst von internen Abteilungen der Pharmakonzerne gemacht werden. Konkret: Die Beratung von Kliniken im Auftrag des Herstellers bei der Erstattung eines neuen Medikaments. Das Präparat ist teuer (klar!) und bei der Anwendung nicht ohne Risiko, was schon bei der Zulassung zu einem Höllenritt für die Investoren führte. Es ist jedoch in vielen Fällen die letzte Chance für Patienten mit einer schweren, fortschreitenden chronischen Erkrankung.

Wir sollen den Kliniken sagen, wie sie an die Knete kommen, um die Patienten behandeln zu können. Die Optionen:
  • Die Indikation stellt der Arzt. Dadurch, dass wir einen
    Weg durch das Dickschicht der Erstattung schlagen, helfen wir indirekt auch dem Patienten. Eigene moralische Bewertung (+++). Karmapunkte gesichert.
  • Wenn der Arzt nun durch die Unterstützung bei der Erstattung im Zweifel eher einen Therapieversuch wagt, obwohl die Therapie nicht 100%ig indiziert ist, oder der Arzt dem Druck des Patienten eher nachgibt, es doch mal mit dem neuen Präparat zu probieren und die Behandlung keinen Erfolg hat, aber während der Therpie ernste Nebenwirkungen oder im Extremfall bleibende Schäden auftreten? Wäre ich da indirekt mitschuldig? Eigene moralische Bewertung (-). Karmapunkte zweifelhaft.
Ich würde eher zu der ersten Option tendieren, aber halte es im Laufe des Projektes nicht für ausgeschlossen, dass es zu Situationen kommt, die eher der zweiten geschilderten Option entsprechen.

In dem komplexen System "Gesundheitswesen" gibt es kein schwarz-weiss, was dieser Fall auch zeigen sollte. Für mich persönlich ist wichtig, nicht blind zu werden gegenüber solchen ethischen-moralischen Aspekten und im Zweifel dies auch zu äussern. Ich werde, wenn Interesse besteht, weiter davon berichten.
 
[Ethik & Monetik]
Autor: strappato   2006-09-13   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

PR-Essen

Was unterscheidet eine Privatklinik von der kommunalen oder freigemeinnützigen Konkurrenz? Beispielsweise dass die Chefköche der Klinik zu einer kulinarischen Reise durch Deutschland einladen - eine Aktionswoche mit Gewinnspiel. An jedem Tag werden verschiedene bundeslandtypische Gerichte angeboten.

Oder liegt der Unterschied darin, dass eine Privatklinik sowas ganz gross als PR-Massnahme verbreitet, während andere Kliniken dies einfach nur machen und es mit gesunder und qualitativ hochwertiger Ernährung verbinden?
 
[Klinik]
Autor: strappato   2006-09-12   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Gewaltige Nebenwirkungen

Antidepressiva aus der Klasse der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind wegen der Nebenwirkungen umstritten. Nun ist in einer Studie eine neue unerwünschte Wirkung eines SSRIs bekannt geworden. Forscher fanden, dass Paxil™ (Handelsname in Deutschland "Seroxat™") bei einigen Patienten Gewalttaten auslöst.

Ob SSRIs die richtigen Mittel am richtigen Platz sind, um vorzeitigen Samenerguss zu vermeiden?
 
[Arzneimittel]
Autor: strappato   2006-09-12   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Virus Airlines

Viren reisen gerne per Flugzeug. Dass der Flugverkehr die Ausbreitung von Viruserkrankungen wie die Influenza begünstigt, haben Forscher in Computermodellen gezeigt. Nun ist zum ersten Mal der empirische Beweis gelungen.

Trotzdem geben die Autoren zu bedenken, dass eine Einschränkung des Flugverkehrs, um eine Influenza-Epidemie zu verhindern, nur bei frühzeitiger Entdeckung und sofortigen Massnahmen Erfolg hätte. Die Viren können weiter Meilen sammeln.
 
[Wissenschaft]
Autor: strappato   2006-09-12   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Gammelfleisch

Illegal gehandelte Körpergewebe in Grossbritannien aufgetaucht.
Diese recherchierte die originalen Totenscheine der Spender und erfuhr, dass die Spender erheblich älter waren als BTS angegeben hatte.

Manipulation des Datums. Das kann scheinbar in allen Kühlhäusern passieren.
 
[heile Welt]
Autor: strappato   2006-09-11   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Vertrauen


Bild: hirschapotheke Dr. E. Lins/unicards

Eine Werbepostkarte. Nachlese von der Fussball-WM. Wenn man daran denkt, was Athleten so von ihren Trainern an erlaubten und unerlaubten Mittelchen empfohlen bekommen, dann würde ich mich als Apotheker bei dem Vergleich nicht geschmeichelt fühlen. Apotheker sind nach meinen Erfahrungen in dieser Hinsicht ziemlich schmerzbefreit. Aber Werber, die sich solche Claims einfallen lassen, auch.
 
[Apotheken]
Autor: strappato   2006-09-11   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Pharma-Whistleblower


Bild: by courtesy of Soft Skull Press

Noch ein Insider-Buch: The Whistleblower: Confessions of a Healthcare Hitman von Peter Rost. Es ist gerade in den USA erschienen. Der Autor war Vize-Präsident im Marketing des Pharmakonzerns Pfizer. Das Buch hat im Vorfeld für einige Aufregung gesorgt. Nach den im Internet verfügbaren Informationen soll es einen tiefen Einblick in die Methoden der Pharmaindustrie geben. Peter Rost führt auch ein eigenes blog und hat beim einflussreichen politischen Gruppen-Blog The Huffington Post mitgeschrieben, bis er im Juni 2006 rausgeworfen wurde.

Ich habe das Buch bestellt und werde berichten.
 
[Buch]
Autor: strappato   2006-09-11   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Gesundheitswissenschaften in Deutschland (I)

Vor drei Jahren erreichte mich irrtümlich eine e-mail:
Lieber J., Du erinnerst Dich bestimmt an mich!? Ich komme mit einem Anliegen bzw. einer Frage auf Dich zu: J.K. hat die Möglichkeit in einem sog. Hausberufungsverfahren C3-Prof zu werden. Ich bin der Kommissionsvorsitzende und suche einen externen Gutachter. Nach F. möchte ich mich nicht so gerne wenden. Ansonsten ist J.K. nicht so bekannt. Daher kamen wir auf Dich, der Du ihn kennst. Wenn Du erneut als Gutachter fungieren würdest, würde ich Dir detaillierte Formulierungsvorschläge machen. Ich würde mich freuen, wenn Du das Gutachten machen würdest. Die H(Uni).-F(FH)-Connection gedeiht ja prächtig, was die Ideen und Promotionen betrifft!

Der Dekan bietet "detaillierte Formulierungsvorschläge" an - ergo schreibt er oder J.K. das Gutachten selbst. Der betreffende Wissenschaftler sei "nicht so bekannt" - hat sich also wissenschaftlich bisher eher zurückgehalten. Ein Blick auf die Homepage der FH bestätigte dies: 9 Veröffentlichungen in den 12 Jahren seit der Promotion, allesamt in lausigen Journals ist wirklich kein beeindruckender Output. Soweit ein Beispiel für das Gutachterzirkel- und Berufungsunwesen in der deutschen Wissenschaft.

Nun wurde ich wieder an diese mail erinnert. J.K. ist natürlich mittlerweile Professor und konnte seine beeindruckende Publikationsliste in den 3 Jahren um zwei Beiträge in einem in Prag verlegten Buch und einen Konferenzabstract erweitern.

Der Grund für die Erinnerung an die fehlgeleitete mail: Eine Pressemitteilung einer FH über die erfolgreiche Promotion einer Mitarbeiterin und FH-Absolventin. Anscheinend gedeiht nicht nur die H(Uni).-F(FH)-Connection sondern auch die H(Uni)-J(FH)-Connection. Es sieht aus, als wenn die betreffende Fakultät der H(Uni) sich als Promotionsschmiede für FH-Absolventen etabliert hat.

Ich habe natürlich den Blick in zwei Veröffentlichungen zu der Dissertation der 41-jährigen frisch gebackenen Doktorin geworfen: Grundlage waren 15 narrative Interviews, das Ergebnis war dürftig: Hier sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um Interventionen zu evaluieren. Diese Arbeit ist daher auch als Grundlage für zukünftige quantitative Untersuchungen zu verstehen.
 
[Wissenschaft]
Autor: strappato   2006-09-11   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



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