Berlin freut sich über Pfizer wie dumm

Pfizer hat heute seine Deutschlandzentrale in Berlin eröffnet und Berlin freut sich. Gibt ja sonst selten Positives aus der arm-aber-sexy-Hauptstadt zu berichten. Stolz wird in den Berliner Medien auf die 500 Arbeitsplätze verwiesen, die Pfizer in Berlin geschaffen hat. Im journalistischen Freudentaumel gehen einfache Grundrechenarten verloren.

500 Arbeitsplätze bzw. 60% der Mitarbeiter aus Karlsruhe. Danach müsste Pfizer in Baden über 830 Köpfe beschäftigt gehabt haben. Geschäftsführer Penk hatte in einem Interview die 60% klar auf die 645 Mitarbeiter bezogen, was für Berlin nur 380 neue Stellen bedeutet. Büroraum sollte es am Potsdamer Platz nur für 300 "permanente" Festangestellte und 100 "flexible" Mitarbeiter geben. Die 380 sind auch noch hoch gegriffen. Nach meinen Informationen pendelt ein Teil der Mitarbeiter von Karlsruhe nach Berlin für 1-2 Jahre bis zu ihrem Ausscheiden. Was den Arbeitsplatzzuwachs für Berlin weiter senkt.

Der Pfizer-Sprecher sagt auch vage, die 500 wären eine "Momentaufnahme". Kein Wort vom dauerhaften Umfang der Belegschaft in Berlin. Und der Rest der Mitarbeiter?
Der Rest wollte oder konnte nicht mit – trotz Schnupperreise und Hilfe bei der Wohnungs- und Kitaplatzsuche durch das Unternehmen.
Rührend. Als wenn es keine Stellenstreichungen beim angeschlagenen Pharmakonzern gegeben hätte, die alleine nach den Planungen vom Januar 2007 für Karlsruhe 320 Mitarbeiter den Job kosten sollten.

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Viel zu feiern hat Pfizer nicht: Die Pfizer Aktie erreichte heute den tiefsten Kursstand seit Juni 1997.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-10-09   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Gesundheitsfonds belohnt "kranke" Krankenkassen

Ich werde Ende der Woche noch etwas zum Gesundheitsfonds schreiben. Aber eine Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen. Die erste Krankenkasse hat angekündigt, den Versicherten 2009 Prämien zurückzuzahlen. Was verwundern könnte: Es ist die Knappschaft. Eine Krankenkasse, die erst seit dem 1. April 2007 für alle gesetzlich Versicherten frei wählbar ist und die vorher jahrelang durch Bundeszuschüsse am Leben erhalten wurde. Eine Kasse, die 2006 noch einen Rentneranteil von 75% und ein Durchschnittsalter der Versicherten von 72 Jahren gehabt hat.

Besser kann man nicht verdeutlichen, dass der morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) tendenziell Kassen mit Versicherten belohnt, die an den vom Morbi-RSA berücksichtigten Erkrankungen leiden. Überspitzt: Prävention lohnt für die Krankenkassen sich nur, wenn es die Patienten mit dem Morbi-RSA-Krankheiten vom Arztbesuch oder Klinikaufenthalt abhält.

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Natürlich ist bei der Ankündigung ein gutes Stück Marketing dabei. Eine derart überalterte Kankenkasse ist auf neue Mitglieder angewiesen.
 
[GKV & PKV]
Autor: strappato   2008-10-09   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Grossbritannien setzt auf Schockbilder


Grossbritannien ist das zweite Land der EU, in dem Fotos auf den Zigarettenpackungen vor den Gefahren des Rauchens warnen. Rumänien hatte im im Juli die Hersteller dazu verpflichtet, Belgien schon 2007.

Damit brauchte es fünf Jahre, bis der Vorschlag der EU zumindest in drei Mitgliedsländern umgesetzt worden ist.

In Deutschland wird sich kein Politiker so schnell nach der Diskussion um die Rauchverbotsgesetzgebung, die sogar für die Niederlage der CSU bei den Landtagswahlen verantwortlich gemacht wird, an Schockbilder auf Zigarettenpackungen wagen.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2008-10-09   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Pfizer: Achtung Baustelle


Bei Pfizer wird weiter umgebaut. Letzte Woche hat der (noch) weltgrösste Pharmakonzern die Konzentration auf ausgewählte Forschungsfelder verkündet. Nun ist die Organisation an der Reihe. Statt den traditionellen geographisch aufgeteilten Units, wie es auch bei anderen Pharmaunternehmen üblich ist, soll es drei Breiche geben, die eigene Verantwortung für Gewinn und Umsatz haben: Einer für Primary Care, also den Hausarztbereich, einer für den Facharzt-/Klinikbereich und nur noch eine geographisch zusammengefasste Unit, die aufstrebende Märkte umfasst, gemeinhin die "BRIC-Staaten" - Brasilien, Russland, Indien, China. CEO Kindler hatte schon vor einiger Zeit die Onkologie, Biotech-Medikamente und Tierarzneimittel als eigene Geschäftsbereiche ausgegliedert.

Zur Beruhigung der Mitarbeiter wird verkündet, dass dies keine weiteren Stellenkürzungen bedeutet. Bis zur nächsten Runde. Gemäss dem neuen Forschungsfokus und die in den nächsten Jahren auslaufenden Patente dürfte sich die "Primary Care Unit" bald erledigt haben.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-10-08   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Lilly zahlt 63 Millionen Dollar an US-Bundesstaaten

Der Pharmakonzern Eli Lilly hat sich mit 33 US-Bundesstaaten auf eine Zahlung von 63 Millionen Dollar geeinigt. Lilly hatte das Medikament Zyprexa®, das zur nur Therapie von Schizophrenie und Bipolare Störungen zugelassen war, auch zur Behandlung von Demenz und milden Formen der Bipolaren Störung vermarktet, was interne Dokument von Lilly belegen.
The company’s deceptive marketing practices were illegal and highly dangerous,” Lisa Madigan, the attorney general of Illinois, said in a statement.
Die Summe übersteigt die 58 Millionen Dollar, die Merck & Co. in einem ähnlichem Fall wegen des irreführenden Marketings von Vioxx im Mai dieses Jahres zahlen musste.

Weitere 63 Millionen Dollar, zu den mehr als mehr als 1 Milliarde Dollar, die dem Konzern das off-label Marketing und das Verschweigen der Nebenwirkungen von Zyprexa® bisher gekostet hat. Prozesse mit US-Bundesstaaten stehen noch aus, in denen Lilly wiederum 1 Milliarde Dollar loswerden könnte. Bei 4,3 Milliarden Dollar Umsatz mit Lillys wichtigsten Medikament allein 2007 ist das fast zu verschmerzen.

Für das Bietergefecht um das Biotech-Unternehmen Imclone, das Lilly mit 6,5 Milliarden Dollar für sich entscheiden konnte, hat es jedenfalls gereicht.
 
[Zyprexa]
Autor: strappato   2008-10-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

In schützender Mission

Zum Thema Impfen noch zwei Werbeplakate aus Österreich.

Einmal Grippeimpfung nach James-Bond-Manier. "In schützender Mission". Wer würde sich dem entziehen? James Bond gewinnt bekanntlich immer.


Zum Zweiten ein bekannter Kopf für die Pneumokokkenimpfung. Ob da "Vitalstoffe" drin sind?

 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2008-10-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Milchmädchenrechnung bei Grippeimpfung

Der Nutzen der Grippe-Impfung ist in die Diskussion gekommen. Der unabhängige Informationsdienst "arznei-telegramm" (a-t) bewertet in der aktuellen Ausgabe die Wirksamkeit der Influenzaimpfung (Wird die Wirksamkeit der Influenzaimpfung überschätzt? arznei-telegramm 2008;39:101-104) und kommt zum Schluss, die häufig geäusserte Annahme, dass die Influenzaimpfung die Gesamtmortalität während einer Virusgrippesaison um bis zu 50% senke, sei unrealistisch. Zwar werde die Unwirksamkeit durch die vorliegenden wissenschaftlichen Studien nicht belegt, diese würden aber das Fehlen valider Wirksamkeitsdaten verdeutlichen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie hatte einen "healthy user effect" bestätigt, der die Ergebnisse verzerrt. Für die Zeiträume ausserhalb der Influenzasaison konnte eine "Reduktion" der Sterblichkeit bei Geimpften um die Hälfte errechnen werden - die logischerweise nicht durch die Impfung entstanden sein kann.

Die Autoren der Studie halten den Nutzen der Grippeimpfungen gerade für Senioren für überschätzt.
Das Team zieht indes aus der Studie nicht die Konsequenz, dass Senioren auf die Grippeimpfung verzichten sollten. Vor allem gebrechliche Menschen sollten sie in Anspruch nehmen, sie sollten sie aber nicht als Lebensversicherung betrachten, sondern weitere Vorsichtsmaßnahmen beachten. Dazu gehöre etwa das regelmäßige Händewaschen, die Vermeidung von Kontakten mit erkrankten Kindern und die Vermeidung von Krankenhausbesuchen während der Grippewelle.

Auch die Autoren einer anderen Studie kommen zu der Empfehlung: "Ein kaum wirksamer Impfstoff ist auf jeden Fall besser als gar keiner", und raten nicht von der Impfung generell ab.

Zu kritisieren ist jedoch das massive Marketing der Pharmaindustrie für die Impfung, gemeinsam mit Gesundheitsbehörden und Fachverbänden. Mit welchen zweifelhaften Kalkulationen argumentiert wird, dokumentiert das a-t:
GRIPPEIMPFUNG: ERFOLGSRATEN GEBASTELT NACH RKI-METHODE
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts hat die Grippeimpfung in den Grippesaisons 2001/02 bis 2006/07 5.300 grippebedingte Todesfälle verhindert. Weitere 2.800 Grippe-Tote hätten verhindert werden können, wenn das WHO-Ziel, eine 75%ige Impfrate bei Älteren, erreicht worden wäre. Die Berechnung beruht auf der Annahme, dass der "Impfstoff zu 30% wirksam in der Verhinderung einer tödlichen Grippeinfektion bei über 60-Jährigen" ist. Grundlage dieser Annahme sind wiederum zwei Observationsstudien aus den Jahren 2004 und 2007. Liest man in diesen Arbeiten nach, ist man verwundert, da in beiden die Zahl der tödlichen Grippeinfektionen gar nicht geprüft wird. Es werden zwar Sterberaten ermittelt. In der ersten Arbeit wird jedoch die Todesrate an allen respiratorischen Erkrankungen gemessen (12%ige Reduktion), in der zweiten die Gesamtmortalität, mit völlig unrealistischem Ergebnis (48%ige Reduktion). Das RKI scheut sich nicht, den Mittelwert aus Äpfeln und Birnen zu bilden und diesen als Rhabarber zu verkaufen: (12% + 48%) : 2 = 30%ige Reduktion tödlicher Grippeinfektionen. Diese in absurder Weise hergeleiteten und daher vermutlich falschen Zahlen werden öffentlich kommuniziert und dienen offenbar als Entscheidungsbegründung für Impfempfehlungen.

 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-10-07   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Flying Doctor Service

Der amerikanische Psychiatrie-Professor Dr. Charles Nemeroff von der Emory University in Atlanta hat zwischen 2000 und 2007 rund 2,8 Millionen US$ Beratungs- und Sprecherhonorare von verschiedenen Pharmafirmen erhalten. Das hat die jüngste Untersuchung des US-Senators Chuck Grassley ergeben, der in der Vergangenheit schon die Freizeitaktivitäten anderer angesehener Mediziner ausgeleuchtet hat. Auch in diesem Fall gibt es wieder eine gravierende Diskrepanz zwischen den Summen, die der Professor tatsächlich eingenommen hat und den Angaben, die er gegenüber seinem Arbeitgeber offengelegt hat.

In pdf-Dateidieser Tabelle ist ein kleiner Ausschnitt aus Nemeroffs Terminkalender zu sehen. Auf 39 Seiten sind nur diejenigen seiner Termine aufgelistet, die er für das Pharmaunternehmen GSK (GlaxoSmithKline) zwischen den Jahren 2000 und 2006 wahrgenommen hat. Hier 5000 US$ Honorar für ein Meeting des "National Advisory Boards", da 2500 US$ für ein "Dinner Meeting", dort auch mal ganz bequem verdiente 6000 US$ für die Teilnahme an einer Telefonkonferenz. Ob New York, Reno, Orlando, Cincinnati, Dallas, Phoenix, Chicaco, Nashville, Boston, Seattle oder San Francisco, kein Weg war ihm zu weit, um über die wunderbaren Eigenschaften von Paxil® (in Deutschland Seroxat®) referieren zu können.

Pharmalot stellt die naheliegende Frage:
It also raises a question - when he did find time to do anything else?
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Aus den Kommentaren bei Pharmalot:
It reminds me of the story about the Prof of Cardiology who liked the lecture circuit a bit too much. His knickname was ”The British Airways Professor of Cardiovascular Medicine”!

He was asked: “Who looks after your patients when you are away?”

He replied: “The same people who do it when I’m here!”

 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-10-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Studie zu Plazebo-Effekt erhält Ig® Nobelpreis

Teure Plazebos wirken besser als billige. Diese Untersuchung zum Verständnis des Plazebo-Effekts hat Dan Ariely, Rebecca L. Waber, Baba Shiv und Ziv Carmon den Anti-Nobelpreis in Medizin eingebracht (Ig® Nobel Prize). Eine satirische Auszeichnung, die von der Harvard-Universität in Cambridge (USA) für skurrile wissenschaftliche Arbeiten verliehen wird. Es werden Erkenntnisse ausgezeichnet, that first make people laugh, and then make them think.

Eine durchaus ehrenwerte und in der scientific community geschätzte Auszeichnung.
 
[Wissenschaft]
Autor: strappato   2008-10-06   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 



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