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Pfizer & Peter Rost ![]() Bild: by courtesy of Soft Skull Press Ich bin noch eine Buchbespechung Am Ende sass der nominell Vize-Präsident alleine in einem Bürogebäude in New Jersey - während das Pfizer Headquarter in New York ist, ohne Mitarbeiter, ohne seinen direkten Vorgesetzten zu kennen und unter Beobachtung seines Arbeitgebers, der keinen Telefonanruf, keine Post und wahrscheinlich auch keine E-Mails unkontrolliert zu ihm liess. Und mit der Gewissheit, niemals wieder an verantwortlicher Position in der Pharmaindustrie arbeiten zu können. Schuld daran, dass es so weit kommen konnte, war Rosts Wissen um Pharmacias Geschäft mit dem Wachstumshormon Genotropin. Eigentlich zugelassen für die Behandlung von Wachstumsstörungen besonders bei Kindern, wurde es auch als Anti-Aging Wundermittel verkauft und unter der Hand (off-label) beworben. Dieser Verstoss, seine Kenntnis über Unregelmässigkeiten bei der Bilanzierung bei Pharmacia-Niederlassungen im Ausland und ein Whistleblower-Verfahren mit seinem früheren Arbeitgeber Wyeth machten ihn für Pfizer zu einem Aussätzigen. Auch wenn man nicht alle Details der rechtlichen Implikationen, die in dem Buch auch ausgebreitet werden, nachvollziehen kann, weil man nicht im US-Recht bewandert ist, werden sehr spannend Pfizers Bemühungen geschildert, diesen Vize-Präsidenten loszuwerden und die Ermittlungen verschiedener staatlicher Behörden zum Ende zu bringen. Da Rost durch Whistleblower-Gesetze geschützt war, machen sich Anwälte der besten und teuersten Kanzleien, Pfizer-interne Ermittler und Privatdetektive die Hände schmutzig. Der Leser erhält einen Einblick in einen Pharmakonzern, der im Umgang mit seinen Mitarbeitern und der Öffentlichkeit sich um seine vollmundigen Verhaltensregeln, die Gesetze zum Schutz von Whistleblowern und das Recht auf persönliche Meinungsäusserung nicht kümmert. Eine schwedische Übersetzung des Buchs ist mittlerweile erschienen und in Italien wird es Ende Februar veröffentlicht. Ausschnitte und weitere Informationen hat Peter Rost in ein blog gepackt. Er füllt auch sein persönliches blog: Question Authority with Dr. Peter Rost. Peter Rost vermarktet sich als Ex-Marketing-Manager für europäische Gemüter ungewohnt penetrant selbst. Angesichts seines im Buch angegebenen früheren Jahreseinkommens von $ 600.000, das er nun kompensieren muss, kann man das sogar verstehen. Als blogger und Autor muss man dafür schon ziemlich trommeln. [Buch]
How to dance with porcupines? Bevor es weitere Informationen über Tarnorganisation würde ja bedeuten, dass sie ihre Geldgeber nicht offenlegen, was in diesem Fall nicht immer richtig ist. Trotzdem ist die Methode perfide: Es wird ein Vertrauensverhältnis - "wir kommen aus der Patientenbewegung" - ausgenutzt, um die Informationsbedürfnisse der Pharmaindustrie zu befriedigen. Dabei werden alle Register der PR-Arbeit gezogen. Beispielsweise bei einer Umfrage zum Thema "Herausforderungen für die Patientenbewegung" Anfang letzten Jahres. Hier das Anschreiben und der Fragebogen survey_health_equality (pdf, 56 KB). Auftraggeber ist "Health Equality Europe" a new alliance of prominent healthcare stakeholders. Its mission is to promote greater health equality. As of February 2006, the following individuals had joined the alliance in a personal capacity: Danach folgt eine Aufzählung mit auf den ersten Blick ehrenwerten Personen. Als Absender wird Sir Ken Collins genannt, Chairman der Scottish Environmental Protection Agency - SEPA. Eigentlich kümmert sich Sir Ken um Energie, Umwelt, Wettbewerbsfähigkeit. Ein Feld, auf dem er in eine Hochrangige Gruppe der EU-Kommission berufen wurde. Zwar weist das Anschreiben darauf hin, dass "Health Equality Europe" von Novartis unterstützt wird - aber nennen wir es beim Namen: Es ist eine von Novartis gegründete Lobbygruppe. Novartis nennt selbst die Ziele. Für 2005 erreicht: Established "Health Equality Europe", a forum for health-care leaders representing patients and professional organizations, academia, and other stakeholders.
Und für 2006:Three meetings of Health Equality Europe. Expand programs with patient advocacy groups and other key stakeholders.
Da wird auch der eigentliche Zweck der Befragung deutlich: Kontaktanbahnung mit Patientenverbänden. Unter anderem dabei in der "alliance": Alastair Kent von "European Genetic Alliances Network". Ein bekannter Pharmalobbyist, der es bis in einen ZEIT-Artikel geschafft hat. Oder Steven Kelmar, erfahrener PR-Arbeiter im US-Gesundheitsministerium, bei Medtronic und nun bei Novartis oberster Chefkommunikator. Oder Helen Evans vom Stockholm Network, einem Netzwerk von Think Tanks, das auch von der Pharmaindustrie Aufträge erhält, wie etwa zum Thema "Arzneimittelfälschungen" von Pfizer. Aufgabe des Networks: We conduct pan-European research on, and create a wider audience for, market-oriented policy ideas in Europe. Alles klar? Lust auf noch einen aus der honorigen Liste? Stephen Pollard vom Centre for the New Europe, eine Brüsseler Lobbyorganisation, die sich für Privatisierung und freien Markt, auch im Gesundheitswesen, einsetzt und deren Finanzierung intransparent ist. Und mit Tim Evans als Leiter, den wir schon vom Stockholm Network kennen. Mal ehrlich, was erwarten Patientenverbände oder aktive Patientenvertreter von dieser EU-Lobby-Bande? Mir fällt bei sowas immer der Titel eines Papers von Elisabeth Wager ein, in dem sich die Autorin über Verhaltensregeln für Ärzte im Umgang mit der Pharmaindustrie Gedanken macht: How to dance with porcupines: rules and guidelines on doctors' relations with drug companies. Wie tanzt man mit Stachelschweinen? Ich bin immer mehr geneigt, für Patientenorganisationen als Antwort ein "gar nicht" zu empfehlen. Denn die Interessen und Beziehungen sind für Personen, die zum Teil ehrenamtlich arbeiten und deren eigentliches Ziel in der konkreten Unterstützung von Betroffenen und Patienten liegt, nicht durchschaubar. Da kommt man schnell unter die Räder. [PatientView]
GSK sorgt mit Diätpille für Grummeln im Magen Die FDA hat eine Diät-Pille von GlaxoSmithKline (GSK) zugelassen. Ein Novum ist, dass "Alli™" rezeptfrei verkäuflich sein wird (OTC - over the counter). Die Pille selbst ist keine Neuheit. Der Wirkstoff Orlistat sollte auch in Xenical®, das 1999 auf den Markt kam, die Pfunde purzeln lassen. Alli™ ist eine OTC-Version mit der halben Wirkstoffdosis. Da Xenical® hinter den Umsatzerwartungen zurückblieb ($ 511 Millionen im Jahr 2005), hatte Roche kein Problem die Lizenz für die OTC-Version und die Vermarktungsrechte in den USA an GSK zu verkaufen. Ein Grund für den mangelnden Erfolg liegt auch in der Wirkungsweise des Medikaments. Orlistat ist ein "Fettblocker", der die Bildung des Enzyms Lipase hemmt, das im Darm für die Aufspaltung des Fetts zuständig ist und sorgt so dafür, dass ein Teil des Fettes unverdaut ausgeschieden wird. Wird die aufgenommene Fettmenge nicht reduziert, kommt es zu massivem Durchfall auf Grund der vermehrten Fettausscheidung. Nebenwirkungen sind Magenkrämpfe, Blähungen und Stuhlinkontinenz (laut Studien bei 8 Prozent der Patienten). Manche Ärzte loben den erzieherischen Effekt des Präparats, aber als OTC? Selbstkasteiung ist nicht gerade populär. Beim Marketing setzt GSK auf das Internet. Zum einen gibt es eine Produktseite: myalli.com. Zum anderen Question Everything, eine eher virale Internetseite, mit allgemeinen Informationen über Ernährung und Gewichtsreduktion. Auf den Initiator der Seite, GSK, wird nur in hellgrauer Schrift am unteren Rand hingewiesen. Can you feel a revolution coming? Feel it rumbling beneath the surface? The buzz is growing. People are talking about getting back to the basics of weight loss.
Ob das "rumbling beneath the surface" ein versteckter Hinweis auf die Nebenwirkungen von Orlistat ist?GSK versucht es aber noch mit einem neuen Marketing-Instrument: Ein 140-seitiges Buch, das in Apotheken und Verbrauchermärkten für $ 5 verkauft werden soll. are You Losing It?. Autoren sind drei US-amerikanische Diät-Gurus: Caroline Apovian, Madelyn Fernstrom und Gary Foster - und Kathleen Daelemans, eine in den USA bekannte Fersehköchin. Damit sollen die Verbaucher für das Thema sensibilisiert werden. Und wer keine 140 Seiten lesen kann, für den gibt es natürlich Marketing-Aktivitäten in Kooperation mit den Vereinigungen Shaping America's Youth und North American Association of the Study of Obesity. [Orlistat]
Musizierende Ärzte Hilfe, ich bin in den E-Mail-Verteiler von musizierenden Ärzten geraten und nun wird meine e-mail-Adresse in der Klassik-Szene weitergereicht. So erreichten mich in den letzten Tagen: Ein Bettelbriefe für ein Instrument, eine Anfrage zu einer unentgeltlichen ärztlichen Begleitung einer Orchester-Tournee in Osteuropa, eine Nachfrage über den Verbleib eines Dirigenten. Wie stellt man sowas ab? [Internet]
Pharmaindustrie befragt Patientenverbände Über die Bemühungen der Pharmaindustrie und des amerikanischen Branchenverbandes PhRMA, Patientenverbände und einflussreiche Aktivisten auf Patienten- oder Verbraucherseite für ihre Interessen zu gewinnen, habe ich vor ein paar Tagen Vieles scheint über das britische Beratungsunternehmen "PatientView" zu laufen. Das Unternehmen unterhält ein eigenes Netzwerk - Health and Social Campaigners' Network International (HSCNetwork International) - in dem mittlerweile nach Angaben von Patientview 2500 Einzelpersonen aus Patientenverbänden und anderen sozialen und medizinischen Verbraucherorganisationen zusammengeschlossen sind. Dabei geht es nicht um politische Aktivitäten, sondern einzig darum, für PatientView als Ansprechpartner und Panel zu agieren. Sozusagen als Kapital für die Befragungen der Auftraggeber aus der Pharmaindustrie. Als Gegenleistung gibt es Newsletter und Berichte. Informationskrümel, die beim grossen Fressen der Pharmakonzerne mit PatientView abfallen. Aus den letzten 5 Monaten sind mir 3 Fälle bekannt, in denen Patientview deutsche Patientenverbände zur Teilnahme an Befragungen eingeladen hat. Zum einen eine Umfrage zur Gesundheitsverorgung von Kindern - Fragebogen hier: umfrage_kinder (pdf, 114 KB). Als Auftraggeber wird Prof. Manfred Götz, Wilhelminenspital der Stadt Wien genannt. Bezahlt hat es Merck Sharp & Dohme (MSD, in USA Merck & Co). Im Einladungsschreiben wird betont, dass das Sponsoring die Umfrage in keiner Weise beeinflusst und diese von der unabhaengigen Körperschaft PatientView geleitet wird. Das Ziel und der Nutzen der Studie bleiben im Dunkeln, ausser, dass diese Prof. Götz es den Angeschrieben sehr ans Herz legt, an dieser wichtigen Umfrage teilzunehmen. Warum Prof. Götz? Eine mögliche Erklärung: PatientView hat die Selbstverpflichtung, nicht mehr als 20% der jährlichen Einnahmen von der Pharmaindustrie zu erhalten - natürlich nur die direkten Einnahmen. Das Anschreiben und den Fragebogen der im vorangegangenen Artikel erwähnten Befragung von Patientenverbänden im Auftrag der PhARMA zum Thema "Gesundheitspolitik" habe ich hier als pdf-Datei: survey_patientgroups (pdf, 69 KB). Eine Präsentation der Ergebnisse ist auf der Internetseite der EUFAMI (European Federation of Associations of Families of People with Mental Illness) Ein weiteres PatientView-Projekt war eine Befragung zu Arzneimittelfälschungen. Hier das Anschreiben: survey_counterfeit_medicines (pdf, 36 KB). Als Auftraggeber fungierte die Beratungsfirma Together4Health, Geldgeber war Pfizer. Im Anschreiben wird darauf hingewiesen, dass der Gründer von Together4Health vorher in Patientenverbänden tätig war, sein Partner aus der Pharmaindustrie bleibt unerwähnt. Arzneimittelfälschungen sind ein besonders heisses Thema für PhRMA. Pfizer kämpft hier schon lange an vorderster Front. Unter dem Deckmantel des Patientenschutzes soll der Handel mit Medikamenten und der Import von Arzneimitteln und damit der Wettbewerb eingeschränkt werden. Besonders in den USA, wo zur Zeit angesichts der hohen Preise über Einsparpotenzial durch Parallelimporte diskutiert wird, ist die Patientensicherheit das einzige Argument, das von der Pharmaindustrie ins Feld geführt wird. Die Situation in Europa ist der Pharmaindustrie schon lange ein Dorn im Auge, da Europa als positives Beispiel von den Befürwortern genannt wird. Pfizer instrumentalisiert das Thema sogar, um in England Patientenverbände und Verbraucherorganisationen sind nicht mehr nur direkte Kooperationspartner für Marketing-Aktivitäten der Pharmaindustrie. Auch auf dem immer wichtiger werdenden Feld der Gesundheitspolitik sollen sie als Bündnispartner gewonnen werden. Das konnte man auch im vergangenen Jahr beobachten, als Patientenverbände mit Unterstützung der Pharmaindustrie PR gegen Beschlüsse des NICE oder IQWiG [PatientView]
NY Times Journalist lehnt Einladung ab Wie zu erwarten hat Alex Berenson, der NY Times Journalist, der den Fall Zyprexa durch seine Veröffentlichungen We know that Your Honor will appreciate the reasons that lead us to decline your invitation. As a matter of long-held principle, we believe that it would be inappropriate for any of our journalists voluntarily to testify about news gathering methods at the Times, our reporters' communications with their sources or the editorial judgments that are made in deciding what is and what is not published by the Times, just as we would vigorously resist any effort by any party to compel such testimony. We guard quite zealously our role as a member of a free and independent press and believe quite passionately that, consistent with the principles embodied in the First Amendment, it is not the role of the newspaper or its reporters to submit to cross-examination about such matters even where it may otherwise serve our particular interests in a particular case to do so. I want to emphasize as clearly as I can that in declining Your Honor's invitation we mean absolutely no disrespect whatsoever to the Court. Da können sich so manche Medien - auch deutsche - eine Scheibe von abschneiden. [Zyprexa]
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