Pfizer sorgt sich um Körper, Geist und Seele



Pfizer: We can ..., könnte der endgültige Beweis dafür sein, dass Pfizer bei der US-Präsidentschaftswahl auf die Demokraten setzt. Yes we can. Ist aber eine Kampagne von Pfizer Kanada - more than medication. Der weltgrösste Pharmakonzern als Anlaufstelle für Informationen zu Gesundheit und Wellness.

Der Pressemitteilung zufolge ist die Website das Ergebnis einer Untersuchung, in der Kunden, Hausärzte und Gesundheitsexperten nach ihren Überzeugungen gefragt wurden, was zu guter Gesundheit führt und wie wichtig die ganzheitliche Betrachtung von Körper, Geist und Seele für das Wohlbefinden ist. Schön, oder?

In addition to offering innovative medicines, Pfizer believes it’s also our responsibility to help encourage healthy lifestyles and share information that goes beyond medication.
Wäre mehr geholfen, wenn Pfizer sich auf die Verantwortung für seine Arzneimittel konzentrieren würde.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-06-06   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Reorganisation bei AIFA nach Korruptionsskandal

Der Skandal bei der italienischen Arzneizulassunsgbehörde (AIFA) ist Thema im British Medical Journal. Die Zeitschrift zitiert den Untersuchungsrichter Raffaele Guariniello:
In this case corruption and risks to people’s health were bound up together. And the web and magnitude of events that we’re shedding light on have unthinkable and very grave consequences.

Interessantes Detail:
Initially AIFA issued a brief statement denying that its employees were among those under investigation. When the Italian press named the senior officials arrested, however, the statement was removed from the website, and the spokesman told the BMJ that a new one was being prepared.

In Italien laufen derweil die in solchen Fällen üblichen Massnahmen. Gesundheitsminister Maurizio Sacconi hat eine Reorgansation der AIFA und eine zügigere Bearbeitung der Zulassungsanträge angekündigt. Natürlich sollen durch die Korruption in der Behörde keine Patienten zu Schaden gekommen sein.

Deutsche Medien war, soweit ich es sehe, der Korruptionsfall bei der AIFA bisher keine Meldung wert. Wo bleibt das Ärzteblatt oder die Ärzte Zeitung?
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-06-06   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Studie oder Werbung? Jetzt noch schwieriger.

Bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschriften empfiehlt es sich, vor dem Studium des Abstracts einen Blick auf die finanziellen Verbindungen der Autoren zu werfen. Als Faustregel gilt: Je größer die finanziellen Abhängigkeiten, desto weniger spiegelt das Abstract die klinisch relevanten Resultate der Studie wieder.

Leser des renommierten British Medical Journal stehen nun vor einer zusätzlichen Herausforderung: Bei einzelnen Artikeln fehlt die Offenlegung der Interessenkonflikte vollständig. Bei näherem Hinsehen sind diese Artikel allerdings im "Header" durch einen hellblauen Schriftzug "Advertisement Feature" als Anzeige gekennzeichnet, die als wissenschaftlicher Aufsatz getarnt ist.

Der nächste Schritt wäre es nun, solche "Trojanischen Pferde" als ehrfurchtgebietende Quellenangabe zu nutzen. Wie man eine solche Anzeige korrekt zitiert, zeigen bereits die Autoren eines empörten Leserbriefs:
[1] Strugala V, Avis J, Jolliffe IG, Johnstone LM, Dettmar PW. The role for liquid alginate suspension (Gaviscon Advance®) in the protection of the oesophagus against damage by bile in the refluxate. BMJ 22 March 2008; Volume 336.

[2] Strugala V, Avis J, Jolliffe IG, Johnstone LM, Dettmar PW. The role for liquid alginate suspension (Gaviscon Advance®) in the protection of the oesophagus against damage by pepsin in the refluxate. BMJ 12 April 2008; Volume 336

 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-06-05   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Millionär durch Qui tam

In den USA hat sich der Apothekenkonzern Walgreen zur Zahlung von 35 Millionen Dollar bereit erklärt. Vorher hatten schon zwei andere Apothekenketten ähnliche Vergleiche in Prozessen mit US-Bundesstaaten geschlossen. Die Apotheken hatten Patienten, bei denen die Medikamente über das staatliche Medicaid-Programm finanziert werden, die jeweils teurere Darreichungsform eines Arzneimittels verkauft, z.b. Kapseln statt Tabletten.

Interessant ist, dass der Apotheker, der als Whistleblower die Behörden auf den Betrug aufmerksam gemacht hat, 5 Millionen Dollar von der Summe erhält. Nennt man Qui tam, eine Kurzform von "Qui tam pro domino rege quam pro se ipso in hac parte sequitur", was etwa bedeutet "wer in dieser Sache für den König klagt, wie für sich selbst" und ist ein Prinzip, dass im Mittelalter in England entwickelt worden ist. In den USA darf jemand, der einen vermutlich illegalen Vorgang nicht aus Geldgier oder Rachsucht, sondern in gutem Glauben öffentlich macht, unter Umständen sogar, wenn er von Staats wegen zu einer Aussage unter Eid verpflichtet wird, vom Staat in der anschliessenden Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber nicht alleine gelassen werden. Whistleblower können durch so genannte Qui-tam-Verfahren im Namen des Staates Schadenersatz einklagen.

Ob diese Regelung in Europa möglicherweise erfolgreich in die Rechtsordnung integriert werden kann und so die Korruptionsbekämpfung erleichtert, ist unter Experten strittig.
 
[Ausland]
Autor: strappato   2008-06-05   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

NDR strahlt Pharma-Schleichwerbung weiter aus (Update)

Seit Monaten ist bekannt, dass Pharmakonzerne für einen fünfstelligen Euro-Betrag bei der Gestaltung der Drehbücher der ARD-Serie "In aller Freundschaft" mitwirken durften. Erst in der vergangenen Woche gab es dafür Rügen des "PR-Rats".

Für den NDR kein Grund, auf die Ausstrahlung der Schleichwerbung zu verzichten. Kostprobe:
In der Sachsenklinik herrscht Hochstimmung. Die Forschungsergebnisse für COX-2-Blocker, die bei Arthrose helfen sollen, sind so vielversprechend, dass das Medikament bald zugelassen werden kann. Doch Simoni bittet die Mitarbeiter noch um Stillschweigen - schließlich geht es auch um viel Geld.

Sendetermin: NDR Fernsehen, heute, Donnerstag, 5. Juni 2008 um 12:15 Uhr (bis 13:00 Uhr)

Kleines Quiz für unsere Leser: Wer hat das Drehbuch dieser Folge wohl bezahlt?

Update 11.6.: Hier geht die Tragikomödie weiter.
 
[ARD-Schleichwerbung]
Autor: hockeystick   2008-06-05   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Monetäre Risikoabwägung

Ich bin überzeugt: Wenn eine Firma einen Blockbuster mit gefährlichen Nebenwirkungen hat, rechnet sie durch, wie teuer es käme, wenn sie mit den Informationen herausrücken würde respektive wie teuer allfällige Prozesse würden. Es geht da um viel Geld.
Peter Gøtzsche, Direktor des Nordic Cochrane Center, in einem Interview im Tagesanzeiger aus Zürich.
 
[Ethik & Monetik]
Autor: strappato   2008-06-05   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

FDA untersucht Sicherheit von TNF-Blockern

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat mitgeteilt, dass sie derzeit eine Überprüfung der Sicherheit von TNF-Blockern durchführt. Die Behörde untersucht den Verdacht auf eine mögliche Verbindung zwischen einer Therapie bei Kindern und Jugendlichen und das Auftreten von Krebserkrankungen.

Tumornekrosefaktor-Blocker sind gentechnisch hergestellte Wirkstoffe (Handelsnamen: Remicade®, Enbrel®, Humira®), sogenannte "Biologicals". Sie werden unter anderem bei der Behandlung der juvenilen chronischen Arthritis oder von Morbus Crohn eingesetzt.

Die Fachinformationen in Deutschland für Remicade weisen darauf hin, dass seltene Post-Marketing-Fälle eines Non-Hodgkin-Lymphoms, das hepatosplenale T-Zell-Lymphom, bei jugendlichen oder jungen erwachsenen Patienten mit M. Crohn, die mit REMICADE behandelt wurden, beschrieben wurden.
 
[Biologicals]
Autor: strappato   2008-06-05   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Physiologische Mechanismen und klinische Relevanz

Focus Online: Ezetimib - Wie Cholesterinhemmer wirken.

Leider bleibt Focus die klinisch relevante Antwort schuldig.

Die lautet: Gar nicht.

Der feine Unterschied zwischen physiologischen Mechanismen und klinischer Relevanz.
Focus bietet seinen Lesern wichtige Hintergrundinformationen, die sie in ihrem privaten und beruflichen Alltag umsetzen können - Fakten mit Nutzwert, die immer die unmittelbare Zukunft betreffen.


--
Was übrigens auch den Präsidentschaftskanditaten der Republikaner John McCain dazu bewogen hat, auf Rat seines Arztes von der Ezetimib/Simvastatin-Kombination Vytorin® (in Deutschland Inegy®) auf ein Simvastatin-Monopräparat zu wechseln. (nein nicht der Focus-Artikel, sondern das mit der klinischen Relevanz).
 
[Ezetrol]
Autor: strappato   2008-06-04   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Ein ahnungsloser Journalist und fünf Todesfälle

Die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP verbreiten aktuell die Meldung, dass in Großbritannien mittlerweile fünf Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme der Abspeckpille Acomplia® gemeldet wurden.

Nicht vorstellen kann sich der Autor der AFP-Meldung, dass genau dieses Medikament in den USA, anders als in Europa, gar nicht erst zugelassen wurde. Es müsse sich dabei ja wohl um ein anderes Mittel gehandelt haben:
Einem ähnlichen Abspeckmittel, das Sanofi-Aventis auf den USA-Markt bringen wollte, verweigerte die Gesundheitsbehörde FDA im vergangenen Jahr die Zulassung.

 
[Journalismus]
Autor: hockeystick   2008-06-04   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  



 

Wenig "gutes" Cholesterin schadet nichts

Pfizers Torcetrapib-Desaster im Dezember 2006 wurde von vielen Beobachtern als überraschender Rückschlag dargestellt. Warum bloß erhöhte sich das Sterberisiko der Probanden, wo doch Torcetrapib erfolgreich das "gute" HDL-Cholesterin gesteigert hatte?

Tatsächlich stand die Grundannahme, eine Steigerung des HDL-Cholesterins würde das Herzinfarktrisiko reduzieren, von Anfang an auf einer ausgesprochen dürren wissenschaftlichen Basis. Vorhandene Korrelationen zwischen dem Herzinfarktrisiko und dem HDL-Spiegel lassen sich größtenteils durch die Korrelation des HDL-Spiegels mit anderen "Risikofaktoren" erklären (z.B. Alter, Geschlecht, körperliche Aktivität). Hinweise auf eine Kausalbeziehung fehlen fast vollständig.

Eine heute im JAMA veröffentlichte Studie ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der Cholesterinspiegeloptimierer. Die Studie untersuchte, ob das Risiko für ischämische Herzkrankheiten bei solchen Patienten erhöht ist, die Träger bestimmter genetischer Mutationen sind. Träger dieser Mutationen haben einen deutlich reduzierten HDL-Spiegel, was nach den Lehren der interessierten Kreise rund um die Lipid-Liga mit einem deutlich erhöhten Risiko für Herzinfarkte einher gehen müsste.

Ergebnis der Studie: Der mit den Mutationen verbundene deutlich erniedrigte HDL-Spiegel hat keinerlei Einfluss auf das Risiko für ischämische Herzkrankheiten. Schlechte Nachrichten für Merck &Co und Roche, die aktuell noch Medikamente zur Steigerung des HDL-Spiegels in der Entwicklung haben:
There is really no evidence that this method is going to work, Anne Tybjaerg-Hansen, a study and clinical biochemistry researcher at Copenhagen University Hospital, tells Bloomberg. This theory has been around for a long time, but this study just doesnt support it.

--
Wie sehr die Pharmaindustrie die Idee der HDL-Beeinflussung liebgewonnen hat, zeigt auch der eigens zu Ehren dieser Hypothese geschaffene und mit 15.000 Euro dotierte "Merck-HDL-Forschungspreis" von Merck Serono: 2007, 2008. Hintergrund des Engagements ist natürlich das hauseigene Niacin-Präparat Niaspan®.
 
[Wissenschaft]
Autor: hockeystick   2008-06-04   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



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