Testing treatments


Die Folgen klinischer Forschung sind oftmals Thema dieses blogs. Wie sollten klinische Studien durchgeführt und interpretiert werden? Welche Auswirkungen haben systematische Fehler für die Gesundheit? Mit solchen Fragen beschäftigt sich das im Januar erschienene Buch Medizin auf dem Prüfstand der Autoren Imogen Evans, Hazel Thornton und Iain Chalmers.

Das englische Original ist durch die "Creative Commons Attribution 3.0 Unported Licence" kostenlos zu haben: Testing Treatment - Better research for a better healthcare.

Anhand vieler praktischer Beispiele wird gezeigt, wie neue Behandlungen unerwartete Nebenwirkungen zeigen können, dass viele gebräuchliche Tests und Behandlungen nicht ausreichend untersucht worden sind oder wie Forschung durch kommerzielle und akademische Interessen an dem Ziel des Patientennutzens scheitert - und was Patienten beitragen können, um bessere Diagnose und Behandlung sicherzustellen. Improving tests of treatments is everybody's business.

Am Ende formulieren die Autoren noch einen "Entwurf für eine Revolution":
  1. Encourage honesty when there are uncertainties about the effects of treatments
  2. Confront double standards on consent to treatment offered within and outside clinical trials
  3. Increase knowledge about how to judge whether claims about treatment effects are trustworthy
  4. Increase the capacity for preparing, maintaining, and disseminating systematic reviews of research evidence about the effects of treatments
  5. Tackle scientific misconduct and conflicts of interest within the clinical research community
  6. Require industry to provide better, more complete, and more relevant evidence about the effects of treatment
  7. Identify and prioritise research addressing questions about the effects of treatments which are deemed important by patients and clinicians
Ich hoffe, das blog hier leistet seinen Beitrag dazu.
 
[Buch]
Autor: strappato   2008-02-15   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Depressionen durch Cholesterinsenker Ezetrol® und Inegy®

Während der in den USA mitterweile als "Vytoringate" bekannte Skandal (nach Vytorin®, dem US-amerikanischen Handelsnamen von Inegy®) um die Vertuschung und Manipulation der gescheiterten ENHANCE-Studie seinen Höhepunkt offenbar noch nicht erreicht hat, gibt es neue schlechte Nachrichten für die Hersteller dieser Cholesterinsenker: Die FDA hat Merck und Schering-Plough aufgefordert, Depressionen als weitere mögliche Nebenwirkung in den Beipackzettel dieser Medikamente aufzunehmen, von denen bislang kein Patientennutzen gezeigt werden konnte.

Überraschend kommt das nicht. Ein Zusammenhang zwischen niedrigen Cholesterinspiegeln und einer verstärkten Neigung zu Depressionen ist bekannt. Depressionen als mögliche Nebenwirkung einer Cholesterinsenkung mit Statinen sind ebenfalls immer wieder beschrieben worden.
 
[Ezetrol]
Autor: hockeystick   2008-02-15   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 

Offenlegung der STIKO-Interessenkonflikte erst in "ein bis zwei Wochen"

Die Bundesregierung hatte am 30.10.2007 auf eine Kleine Anfrage im Bundestag pdf-Dateimitgeteilt:
Im Vorfeld der Berufung werden vom Bundesministerium für Gesundheit u. a. die Tätigkeiten der zu berufenden STIKO-Mitglieder erfragt, die für eine Beurteilung des Vorliegens eines Interessenkonflikts oder des Anscheins von Befangenheit relevant sind. Eine erste Veröffentlichung dieser Angaben auf den Internetseiten des RKI ist nach der konstituierenden Sitzung der neu berufenen STIKO Ende des Jahres vorgesehen.
Eine solche Liste ist bislang nicht veröffentlicht worden.

WELT ONLINE hat nachgefragt:
RKI-Sprecher Günther Dettweiler betont auf Anfrage von WELT ONLINE, es habe "formale Probleme bei der Abstimmung" gegeben, was zu der zeitlichen Verzögerung führe. Voraussichtlich in "ein bis zwei Wochen" sei die Liste aber unter der Rubrik "Impfen" einsehbar.

Dreieinhalb Monate sind seit der Ankündigung der Bundesregierung vergangen. Das Durchwinken neuer Impfstoffe scheint den Experten weniger Kopfzerbrechen zu bereiten.
 
[Ethik & Monetik]
Autor: hockeystick   2008-02-15   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Pharmaindustrie ist ein schwerfälliger Dinosaurier

Kevin McCauley vom PR-Branchendienst O'Dwyer's Public Relations sieht für die Zukunft der Pharmaindustrie schwarz: THE Rx INDUSTRY HAS LOST ITS HEART AND ITS SOUL.
There's little for this besieged industry to do but circle the wagons. It can't seem to summon the heart and soul required for the passionate push to help mankind - and itself along the way.

--
Ich versuche mal eine Übersetzung des Zitats.
Die belagerte Industrie kann wenig machen, ausser sich einzuigeln. Sie scheint nicht Leib und Seele aufbieten zu können, die für den leidenschaftliche Antrieb nötig sind, der Menschheit zu helfen - und sich selber mit.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-02-14   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Suicide seemed like a good way

Im New York Magazine schildert Derek de Koff seine Erfahrung bei der Raucherentwöhnung mit Champix® (in den USA Chantix®).

By night four, my dreams began to take on characteristics of a David Cronenberg movie. Every time I’d drift off, I’d dream that an invisible, malevolent entity was emanating from my air conditioner, which seemed to be rattling even more than usual. I’d nap for twenty minutes or so before bolting awake with an involuntary gasp. I had the uneasy sense that I wasn’t alone.
...
A week into my Chantix usage, I started to feel as if the city landscape had imperceptibly shifted around me. Mundane details began to strike me as having deep, hidden significance. The neon arch above McDonald’s: The lights blinked on and off in some sort of pattern, and I needed to crack the code.
...
One afternoon, I was typing away at advertising copy, and as I did so, I began to wonder how I had succeeded in fooling myself that my life had any sort of value at all. Writing? Sure, it was what I’d wanted to do since I was 6—but at the end of the day, who cared? Maybe I should just go downstairs and leap in front of a tour bus.
...
Meanwhile, the room seemed to be pulsing and reverberating around me, and my eye would keep zeroing in on objects—the television, the AC, a pair of shoes—and feel as though they were somehow buzzing with life and gleefully watching me endure the biggest meltdown I’d ever had. I had somehow ruined myself, and suicide seemed like a good way to avoid the embarrassment of this fact’s being exposed.

 
[Champix]
Autor: strappato   2008-02-14   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Mangelhafte Kontrolle in China

In den USA hat Baxter nach mehreren Todesfällen die Herstellung seines Blutverdünnungsmittels Heparin gestoppt. Bei den betroffenen Patienten kam es zu allergischen Reaktionen. Heparin wird aus der Dünndarmmukosa vom Schwein extrahiert.

Nun hat sich herausgestellt, das der Wirkstoff in dem Produkt aus einer chinesischen Fabrik stammt. Baxter stellt die Hälfte des in den USA verkauften Heparins her, trotzdem hat die US-Aufsichtsbehörde FDA dieser Fabrik nie einen Kontrollbesuch abgestattet.

Dazu passt, dass die Behörden in Panama gerade den Bericht über die Verunreinigung von Hustensaft mit Diethylenglykol (DEG) im Jahr 2006 vorgstellt haben. Auch hier war eine Fabrik in China der Verursacher. Damals hatte die FDA als Gegenmassnahme umfangreiche Tests und Kontrollen gefordert.

Und noch eine Meldung dieser Tage: In der Fachzeitschrift PLoS Medicine ist ein Artikel zu den Ermittlungen der Quelle von gefälschten Malaria-Medikamente erschienen. Durch eine Pollenanalyse konnte der Produktionsort auf den Süden Chinas eingegrenzt werden, aber die Fabriken sind nicht gefunden worden.
 
[Counterfeit drugs]
Autor: strappato   2008-02-14   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Die Pharmaindustrie will nur das Beste

Mal eine erfrischende Meinung:

Paul H. Rubin, Professor für Wirtschaft und Recht an der Emory University in Atlanta, plädiert bei forbes.com für ein uneingeschränktes Marketing durch den Pharmaaussendienst. Bestrebungen, den Wert von Geschenken an Ärzte zu beschränken oder anderen Restriktionen in der Beziehung der Pharmaindustrie zu den Ärzten erteilt er eine klare Absage.

Begründung: Die Pharmaberater unterstützen den Arzt beim Bewältigen der Massen von neuen Informationen und Studien. Forschung und Marketing sind beides Aktivitäten mit dem Ziel der Information. Wenn die Pharmakonzerne nicht mehr effektiv Marketing betreiben dürfen, hat das negative Auswirkungen auf die Investitionen in Forschung. Im übrigen ist die Vielfalt der Informationsquellen gewahrt, da der Arzt mit mehreren Pharmareferenten Kontakt hat.

Was die Vorwürfe angeht, dass der Pharmaaussendienst Schuld daran ist, dass Ärzte teure Medikamente gegenüber preiswerteren Generika bevorzugen, wiederholt Rubin die Standardantwort der Pharmaindustrie: Innovative, Patent geschützte Präparate kosten zwar mehr, aber sparen Ausgaben durch bessere Wirksamkeit und damit seltenere Arztbesuche und Krankenhauseinweisungen.
A recent report shows that the life expectancy of Americans is at its highest level ever and will continue to increase. It is truly amazing that this society keeps coming up with ways to demonize and penalize an industry that has provided us with so many benefits.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Eigentlich müsste man eine neue Rubrik "Märchen und Mythen" aufmachen.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-02-13   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Avastin® gegen Brustkrebs: Presse jubelt zu früh

Positive Studienergebnisse für neues Medikament -
Roches "Avastin" erhöht in Kombination mit Docetaxel-Chemotherapie Überlebenschancen bei Frauen mit Metastasen.
Das berichtet heute die österreichische Zeitung "der Standard" und stützt sich dabei auf eine Reuters-Meldung.

Das wäre tatsächlich ein Anlass zur Freude. Genau das hat die fragliche Studie jedoch nach allem was wir wissen nicht gezeigt. Gemeldet wurde lediglich eine Verlängerung des "progressionsfreien Überlebens". Zu der Fehlinterpretation dieses Surrogatparameters durch Journalisten habe ich schon an anderer Stelle im Zusammenhang mit einer Reuters-Falschmeldung zu Erbitux® etwas geschrieben.

Die FDA sieht bislang davon ab, Avastin® für die Behandlung von Brustkrebs zuzulassen. Das ungünstige Nebenwirkungsprofil und das Fehlen eines Nachweises einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit der Patientinnen wird voraussichtlich dazu führen, dass auch die neue Studie an dieser Einschätzung nichts ändert.
 
[Arzneimittel]
Autor: hockeystick   2008-02-13   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

IQWiG - formale Fehler aber keine Vetternwirtschaft

Viel Aufregung, wenig Substantielles - dieses Fazit kann aus den Untersuchungen zum Verdacht der Vetternwirtschaft gegen das IQWiG und seinen Leiter Peter Sawicki gezogen werden.

Von den 71 Vergaben seit 2004 sind sechs von den Prüfern als kritisch bewertet worden. Drei davon gingen über den Umweg der Universität Graz an das Deutsche Institut für evidenzbasierte Medizin (DIeM), an dem Sawickis Ehefrau beteiligt ist.

Was das Handelsblatt nicht von der Diagnose "Ein Herzstück der rot-grünen Gesundheitsreform droht im Korruptionssumpf zu versinken" abhält. Peter Thelen sieht in seinem Artikel den "Klüngel-Verdacht im Kern bestätigt", muss im zweiten Teil einräumen, dass die BDO-Prüfer in keinem der beanstandeten Fälle Anzeichen dafür, dass Sawicki oder seine Frau von der Auftragvergabe Vorteile hatten oder auf Forschungsergebnisse Einfluss genommen wurde, fanden. Auch seien keine anderen Bewerber benachteiligt worden. In der Hoffnung, dass die meisten Leser nicht so weit kommen.

Der Fall hat ein wichtigen Aspekt in die Öffentlichkeit gebracht. Alle neutralen Bewertungen fussen darauf, dass es fachlich qualifizierte und wirtschaftlich unabhängige Gutachter gibt. Angesichts des vielfältigen Einflusses der Pharmaindustrie darf man daran zweifeln. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, stellte fest, dass unterm Strich sechs bis acht Einrichtungen blieben, die man mit neutralen Expertisen beauftragen könne.
Wir sehen, dass das IQWIG zunehmend Probleme hat, im deutschsprachigen Raum geeignete Auftragnehmer zu finden, auch weil sich viele am finanziellen Tropf der dem IQWIG feindlich gegenüber stehenden Industrie hängende Forschungseinrichtungen aus Furcht Geld zu verlieren, verweigern.

 
[IQWiG]
Autor: strappato   2008-02-13   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 

Seitenwechsel - von Selbsthilfe zu Pharmakonzern

Die langjährige Geschäftsführerin des Bundesverbands der Angehörigen psychisch Kranker (BApK), Margit Golfels, hat eine neue Aufgabe gefunden. Als nationale Patientenbeauftragte des Pharmakonzern Wyeth soll sie dafür Sorge tragen, dass beispielsweise die pdf-DateiLeitlinien des Unternehmens umgesetzt werden.

Da wartet noch viel Arbeit. Wyeth verpflichtet sich darin zu transparenter und öffentlicher Kooperation. Es soll eine Liste mit den Organisationen veröffentlicht werden, mit denen der Konzern zusammenarbeitet. inkl. den Gegenstand der Kooperation. Von den 35 Empfängern von Sponsorengeldern 2006 hat eine Organisation die Veröffentlichung verweigert, von 11 weiteren liegt Wyeth keine Genehmigung zu Veröffentlichung vor. Auf der Liste vermisse ich auch den BApK. Die Zusammenarbeit mit dem Verband, in dem die Wyeth-Patientenbeauftragte als Geschäftsführerin tätig war, wird von Wyeth in Unternehmensbroschüren besonders hervorgehoben.
 
[Selbsthilfe]
Autor: strappato   2008-02-13   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 



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